D: Bischof Huber, "Werde Papst auf Kirchenpapier ansprechen"
Der Ratsvorsitzende
der Evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber, will den Papst am Sonntag womöglich
auf das umstrittene jüngste Kirchenpapier der vatikanischen Glaubenskongregation ansprechen.
Das sagte Bischof Huber im Gespräch mit Radio Vatikan. Wenn sich bei einem Treffen
mit Benedikt in Neapel die Gelegenheit dazu ergebe, dann wolle er den Papst fragen,
ob das Papier "wirklich diesen ökumenischen Fortschritt bewirken soll, den wir doch
miteinander wollen".
Wir dokumentieren hier den vollen Text des Gesprächs,
in dem Bischof Huber auch auf seine jüngsten Äußerungen zum Moscheebau in Deutschland
zurückkommt. Diese Äußerungen hatten auf islamischer Seite für Verstimmung gesorgt.
*
Sie werden am Wochenende den Papst in Neapel treffen. Wenn Sie die Gelegenheit zu
einem kurzen Gespräch haben sollten, werden Sie ihn dann auch ansprechen auf das umstrittene
Kirchenpapier der vatikanischen Glaubenskongregation?
„Wenn sich die Gelegenheit
dazu ergibt, werde ich sehr gerne anknüpfen an das Gespräch, das wir im Mai geführt
haben, als ich in Rom war. In diesem Gespräch hat Papst Benedikt XVI. mir mit großem
Nachdruck versichert, wie wichtig ihm gute ökumenische Beziehungen zu den Kirchen
der Reformation sind. Das war auch ein inhaltlich sehr gefülltes Gespräch, in dem
er mir erklärt hat, warum das so eine große Bedeutung hat. Und ich werde dann schon
die Frage daran anschließen, ob die einfache Wiederholung der Thesen aus dem Dokument
„Dominus Jesus“ wirklich diesen ökumenischen Fortschritt bewirken soll, den wir doch
miteinander wollen. Ich bin davon überzeugt, dass unter ökumenischem Gesichtspunkt
dieses Dokument die Bedingung ökumenischer Förderung nicht erfüllt.“
*
Sind Sie weiterhin verstimmt darüber, dass Sie damals bei der Audienz mit Papst Benedikt
nicht schon eine Ahnung von dem Kommen dieses Papiers von der Glaubenskongregation
hatten?
„Nein, darüber bin ich nicht verstimmt, denn ich gehe nicht davon
aus, dass der Papst das in dem Augenblick wusste, dass dieses Papier bevorsteht. Ich
habe mir das im Laufe des Jahres erklären lassen, dass Kongregationen Arbeitsprozesse
eigenständig vorbereiten, und dann kommt es an den Papst, wenn die Genehmigung dieses
Dokuments ansteht. Ich setze da keine zentrale Planung voraus, obwohl dann faktisch
zwei Dokumente sich doch sehr deutlich ergänzt haben, das Moto Proprio über die Liturgiefrage
und dieses Dokument. Beide sind sie davon geprägt, dass das Zweite Vatikanische Konzil
mit seinen Aussagen in die größtmögliche Kontinuität zur vorkonziliaren Entwicklung
gestellt worden ist. Das verbindet beides, aber eine Planung durch den Papst setze
ich in dieser Frage nicht voraus.“
*Halten Sie es für eine mögliche Störung
des ökumenischen Miteinanders und Weitergehens, dass Sie diese Kontinuität des Konzils
auch mit der vorkonziliaren Zeit in neuen Dokumenten so bestätigt und betont finden?
„Ich möchte gerne Kardinal Lehmann dazu zitieren. Der geht auf die Kirchenkonstitution
des Zweiten Vatikanischen Konzils zurück , Lumen gentium - mit der Aussage, die auch
die Wirklichkeit von Kirche außerhalb der römisch-katholischen Kirche anerkennt. Und
er sagt, das ist ein Ausgangspunkt, der weitere Schritte nach vorn notwendig macht
und nach solchen Schritten ruft. Diese Haltung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
mit dem ich mich in ökumenischer Hinsicht sehr verbunden fühle, diese Haltung wird
durch das vatikanische Dokument ganz sicher nicht eingelöst. Und ich wäre froh, wenn
stärker in dieser Richtung gearbeitet würde. Übrigens, damit kein Missverständnis
aufkommt: Dabei ist mein Problem nicht, dass die evangelische Kirche in ihrem Kirchesein
durch den Vatikan anerkannt wird, denn ihr Kirchesein hängt nicht davon ab. Aber sehr
wohl gilt: Solange wir als Kirche unterschieden sind, unterschiedliche Kirchentypen
darstellen, kann es ökumenische Fortschritte nur geben, wenn wir unser Kirchesein
wechselseitig respektieren und gerade in dieser Hinsicht respektvoll miteinander umgehen.“
* Von katholischer Seite wird manchmal mit anklagendem Zeigefinder auf
die so genannte "Ökumene der Profile" auf evangelischer Seite gedeutet. Hier sei ein
Hemmschuh für die Ökumene, wenn jeder sich nur auf sein Eigenes zurück besinne, dann
komme das Gemeinsame aus dem Blick. Sehen Sie auch diese Gefahr?
„Darf ich
mal ganz ehrlich zurückfragen? Haben Sie in den letzten Jahren den Eindruck bekommen,
dass die römisch-katholische Kirche im Darstellen ihres eigenen Profils besonders
zurückhaltend sei? Das Zwei-Päpste-Jahr 2005 hat das doch sehr sehr deutlich gezeigt.
Und genau in diesem Jahr habe ich zunächst einmal, und zwar rein beschreibend, übrigens
zum allerersten Mal in Anwesenheit des neuen Papstes gesagt: Ganz offensichtlich haben
wir uns in eine Phase bewegt, die durch eine Ökumene der Profile gekennzeichnet ist.
Ich habe im übrigen nie gesagt, dass dabei die Abgrenzung das Vorrangigste ist, sondern
dass jede Kirche gut beraten ist darin, ihre eigene Tradition, das was ihr an Besonderheit
anvertraut ist, auch in einer guten Weise so zur Geltung zu bringen, dass dadurch
das gemeinsame Zeugnis der Christenheit gestärkt wird. Ich bin erstaunt, das sage
ich ganz ehrlich, wenn nun so lebhaft kritisiert wird, dass ich diesen Begriff verwendet
habe, dessen Realitätsgehalt eigentlich von niemandem bestritten werden kann.“
*
Herr Bischof, ein anderes Thema: Ihre Äußerung zum Moscheebau in Deutschland und Ihre
Frage nach möglichen Machtansprüchen des Islams die dahinter stecken. Das Verhältnis
EKD-Islam scheint derzeit belastet. Steckt dahinter eine gewisse Strategie des klaren
Wortes auf das Sie hinauswollen?
„Klare Worte zu sprechen und Wahrheitsorientiert
zu dokumentieren, müsste sich eigentlich für jede Kirche und Religionsgemeinschaft
von selber verstehen. Deswegen fehlt uns in der Evangelischen Kirche auch das Verständnis,
wenn man meint, in einem Dialog Fortschritte machen zu können, in dem man Wahrheitsfragen
und auch schwierigen Fragen, auch markanten Unterschieden auszuweichen versucht. Wir
sind davon überzeugt, dass gute Nachbarschaft zwischen Christen und Muslimen, die
wir fördern wollen, nur durch die Bereitschaft von Klarheit vorangebracht werden kann. Was
den Moscheebau betrifft, bitte ich sehr darum, nicht nur die zweite Hälfte meiner
Aussage zu hören, sondern sie mit der ersten Hälfte zu verbinden. Denn in dieser ersten
Hälfte habe ich ganz klar gesagt, für uns als Christen und verfassungsrechtlich betrachtet
für das Land, in dem wir leben , in Deutschland also, gilt die Religionsfreiheit ungeteilt.
Sie gilt selbstverständlich für Muslime wie auch für Christen; es gilt auch die kooperative,
die gemeinschaftliche Religionsfreiheit. Deswegen haben Muslime auch das Recht dazu,
sich Gotteshäuser zu bauen, in denen sie miteinander beten können, und es ist besser
sie beten in Moscheen als in Hinterhöfen. Aber auffällig ist und bleibt,
dass wir gegenwärtig eine Intensität des Bauens und Planens von Moscheen haben, wie
es das in der Geschichte unseres Landes noch nie gegeben hat. 184 Moscheen werden
derzeitig gebaut oder geplant, 159 haben wir bisher im Lande. Da muss die Frage erlaubt
sein, was ist damit geplant, was bedeutet das, wenn unter diesem Bauvorhaben sich
doch eine erhebliche Zahl befindet, wo in Regionen , in denen es keinen einzigen Anhänger
der entsprechenden muslimischen Gemeinschaft gibt, große Bauvorhaben ins Auge gefasst
werden? Auskunft darüber ist das, was ich gefordert habe - und die Frage habe ich
gestellt, ob hier nicht die Quantität auch in eine neue Qualität umschlägt.“ (rv
19.10.2007 sk)