2007-10-19 12:53:36

D: Bischof Huber, "Werde Papst auf Kirchenpapier ansprechen"


RealAudioMP3 Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber, will den Papst am Sonntag womöglich auf das umstrittene jüngste Kirchenpapier der vatikanischen Glaubenskongregation ansprechen. Das sagte Bischof Huber im Gespräch mit Radio Vatikan. Wenn sich bei einem Treffen mit Benedikt in Neapel die Gelegenheit dazu ergebe, dann wolle er den Papst fragen, ob das Papier "wirklich diesen ökumenischen Fortschritt bewirken soll, den wir doch miteinander wollen".

Wir dokumentieren hier den vollen Text des Gesprächs, in dem Bischof Huber auch auf seine jüngsten Äußerungen zum Moscheebau in Deutschland zurückkommt. Diese Äußerungen hatten auf islamischer Seite für Verstimmung gesorgt.

* Sie werden am Wochenende den Papst in Neapel treffen. Wenn Sie die Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch haben sollten, werden Sie ihn dann auch ansprechen auf das umstrittene Kirchenpapier der vatikanischen Glaubenskongregation?

„Wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt, werde ich sehr gerne anknüpfen an das Gespräch, das wir im Mai geführt haben, als ich in Rom war. In diesem Gespräch hat Papst Benedikt XVI. mir mit großem Nachdruck versichert, wie wichtig ihm gute ökumenische Beziehungen zu den Kirchen der Reformation sind. Das war auch ein inhaltlich sehr gefülltes Gespräch, in dem er mir erklärt hat, warum das so eine große Bedeutung hat. Und ich werde dann schon die Frage daran anschließen, ob die einfache Wiederholung der Thesen aus dem Dokument „Dominus Jesus“ wirklich diesen ökumenischen Fortschritt bewirken soll, den wir doch miteinander wollen. Ich bin davon überzeugt, dass unter ökumenischem Gesichtspunkt dieses Dokument die Bedingung ökumenischer Förderung nicht erfüllt.“

* Sind Sie weiterhin verstimmt darüber, dass Sie damals bei der Audienz mit Papst Benedikt nicht schon eine Ahnung von dem Kommen dieses Papiers von der Glaubenskongregation hatten?

„Nein, darüber bin ich nicht verstimmt, denn ich gehe nicht davon aus, dass der Papst das in dem Augenblick wusste, dass dieses Papier bevorsteht. Ich habe mir das im Laufe des Jahres erklären lassen, dass Kongregationen Arbeitsprozesse eigenständig vorbereiten, und dann kommt es an den Papst, wenn die Genehmigung dieses Dokuments ansteht. Ich setze da keine zentrale Planung voraus, obwohl dann faktisch zwei Dokumente sich doch sehr deutlich ergänzt haben, das Moto Proprio über die Liturgiefrage und dieses Dokument. Beide sind sie davon geprägt, dass das Zweite Vatikanische Konzil mit seinen Aussagen in die größtmögliche Kontinuität zur vorkonziliaren Entwicklung gestellt worden ist. Das verbindet beides, aber eine Planung durch den Papst setze ich in dieser Frage nicht voraus.“

*Halten Sie es für eine mögliche Störung des ökumenischen Miteinanders und Weitergehens, dass Sie diese Kontinuität des Konzils auch mit der vorkonziliaren Zeit in neuen Dokumenten so bestätigt und betont finden?

„Ich möchte gerne Kardinal Lehmann dazu zitieren. Der geht auf die Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils zurück , Lumen gentium - mit der Aussage, die auch die Wirklichkeit von Kirche außerhalb der römisch-katholischen Kirche anerkennt. Und er sagt, das ist ein Ausgangspunkt, der weitere Schritte nach vorn notwendig macht und nach solchen Schritten ruft. Diese Haltung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, mit dem ich mich in ökumenischer Hinsicht sehr verbunden fühle, diese Haltung wird durch das vatikanische Dokument ganz sicher nicht eingelöst. Und ich wäre froh, wenn stärker in dieser Richtung gearbeitet würde. Übrigens, damit kein Missverständnis aufkommt: Dabei ist mein Problem nicht, dass die evangelische Kirche in ihrem Kirchesein durch den Vatikan anerkannt wird, denn ihr Kirchesein hängt nicht davon ab. Aber sehr wohl gilt: Solange wir als Kirche unterschieden sind, unterschiedliche Kirchentypen darstellen, kann es ökumenische Fortschritte nur geben, wenn wir unser Kirchesein wechselseitig respektieren und gerade in dieser Hinsicht respektvoll miteinander umgehen.“

* Von katholischer Seite wird manchmal mit anklagendem Zeigefinder auf die so genannte "Ökumene der Profile" auf evangelischer Seite gedeutet. Hier sei ein Hemmschuh für die Ökumene, wenn jeder sich nur auf sein Eigenes zurück besinne, dann komme das Gemeinsame aus dem Blick. Sehen Sie auch diese Gefahr?

„Darf ich mal ganz ehrlich zurückfragen? Haben Sie in den letzten Jahren den Eindruck bekommen, dass die römisch-katholische Kirche im Darstellen ihres eigenen Profils besonders zurückhaltend sei? Das Zwei-Päpste-Jahr 2005 hat das doch sehr sehr deutlich gezeigt. Und genau in diesem Jahr habe ich zunächst einmal, und zwar rein beschreibend, übrigens zum allerersten Mal in Anwesenheit des neuen Papstes gesagt: Ganz offensichtlich haben wir uns in eine Phase bewegt, die durch eine Ökumene der Profile gekennzeichnet ist. Ich habe im übrigen nie gesagt, dass dabei die Abgrenzung das Vorrangigste ist, sondern dass jede Kirche gut beraten ist darin, ihre eigene Tradition, das was ihr an Besonderheit anvertraut ist, auch in einer guten Weise so zur Geltung zu bringen, dass dadurch das gemeinsame Zeugnis der Christenheit gestärkt wird. Ich bin erstaunt, das sage ich ganz ehrlich, wenn nun so lebhaft kritisiert wird, dass ich diesen Begriff verwendet habe, dessen Realitätsgehalt eigentlich von niemandem bestritten werden kann.“

* Herr Bischof, ein anderes Thema: Ihre Äußerung zum Moscheebau in Deutschland und Ihre Frage nach möglichen Machtansprüchen des Islams die dahinter stecken. Das Verhältnis EKD-Islam scheint derzeit belastet. Steckt dahinter eine gewisse Strategie des klaren Wortes auf das Sie hinauswollen?

„Klare Worte zu sprechen und Wahrheitsorientiert zu dokumentieren, müsste sich eigentlich für jede Kirche und Religionsgemeinschaft von selber verstehen. Deswegen fehlt uns in der Evangelischen Kirche auch das Verständnis, wenn man meint, in einem Dialog Fortschritte machen zu können, in dem man Wahrheitsfragen und auch schwierigen Fragen, auch markanten Unterschieden auszuweichen versucht. Wir sind davon überzeugt, dass gute Nachbarschaft zwischen Christen und Muslimen, die wir fördern wollen, nur durch die Bereitschaft von Klarheit vorangebracht werden kann.
Was den Moscheebau betrifft, bitte ich sehr darum, nicht nur die zweite Hälfte meiner Aussage zu hören, sondern sie mit der ersten Hälfte zu verbinden. Denn in dieser ersten Hälfte habe ich ganz klar gesagt, für uns als Christen und verfassungsrechtlich betrachtet für das Land, in dem wir leben , in Deutschland also, gilt die Religionsfreiheit ungeteilt. Sie gilt selbstverständlich für Muslime wie auch für Christen; es gilt auch die kooperative, die gemeinschaftliche Religionsfreiheit. Deswegen haben Muslime auch das Recht dazu, sich Gotteshäuser zu bauen, in denen sie miteinander beten können, und es ist besser sie beten in Moscheen als in Hinterhöfen.
Aber auffällig ist und bleibt, dass wir gegenwärtig eine Intensität des Bauens und Planens von Moscheen haben, wie es das in der Geschichte unseres Landes noch nie gegeben hat. 184 Moscheen werden derzeitig gebaut oder geplant, 159 haben wir bisher im Lande. Da muss die Frage erlaubt sein, was ist damit geplant, was bedeutet das, wenn unter diesem Bauvorhaben sich doch eine erhebliche Zahl befindet, wo in Regionen , in denen es keinen einzigen Anhänger der entsprechenden muslimischen Gemeinschaft gibt, große Bauvorhaben ins Auge gefasst werden? Auskunft darüber ist das, was ich gefordert habe - und die Frage habe ich gestellt, ob hier nicht die Quantität auch in eine neue Qualität umschlägt.“
(rv 19.10.2007 sk)







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