Ungestraft aus der Kirche austreten? - Eine Radio-Vatikan-Buchbesprechung von Gero
P. Weishaupt
Anfang August erklärte
der emeritierte Freiburger Kirchenrechtler Helmut Zapp vor einer staatlichen Behörde
seinen Austritt aus der Kirche und gleichzeitig bekundete er im Freiburger Ordinariat,
weiterhin zur Kirche gehören zu wollen. Ist das eine Quadratur des Kreises? Nein,
denn dahinter steckt die Überzeugung, daß ein staatlicher Verwaltungsakt keine Auswirkungen
auf den innerkirchlichen Bereich haben kann. Die deutschen Bischöfe denken darüber
anders: Wer im staatlichen Bereich seine Mitgliedschaft in der Kirche aufkündigt,
gilt in Deutschland als Schismatiker, Apostat oder Häretiker und zieht sich die Tatstrafe
der Exkommunikation zu. Empfang von Sakramenten, die Übernahme kirchlicher Ämter und
ein kirchliches Begräbnis sind nicht mehr möglich. Der Kirchenaustritt vor staatlichen
Behörden in Deutschland beschäftigt seit Jahren die Kirchenrechtler. René Löffler
hat nun in wissenschaftlich verantwortlicher Weise anhand eines reichen staatskirchen-
und kirchenrechtlichen Quellenmaterials eine überzeugende Studie zur „Einordnung des
sog. Kirchenaustritts in die Rechtsordnung der katholischen Kirche“ (18) der Öffentlichkeit
vorgelegt. Aufgrund von „Daten und Fakten“ weist er nach, dass bei den meisten Kirchenaustritten
nicht kirchenfeindliche, sondern steuerentlastende Absichten eine Rolle spielen. Ausführlich
widmet er sich dem Kirchenaustritt aus staatskirchen-, dem Körperschaftsaustritt aus
kirchenrechtlicher Sicht. Wichtig ist ihm die Unterscheidung zwischen der Teilkirche,
in der die Katholische Kirche existiert, und der Kirche als Körperschaft des öffentlichen
Rechtes. Darum habe eine Austrittserklärung vor einer staatlichen Behörde nur das
Ende der Mitgliedschaft aus der Körperschaft des öffentlichen Rechtes und damit die
Verpflichtungen im staatlichen Bereich zur Folge, nicht aber notwendig den Austritt
aus der Kirche. Die Gretchenfrage Löfflers lautet daher: Kann anhand des zivilen Verwaltungsaktes
der Austrittserklärung „ein Abfall von der Kirche präsumiert (also angenommen) werden“
(233) und wer entscheidet darüber, ob ein Willensakt vorliegt, dessen Inhalt „die
uneingeschränkte Trennung von der Kirche als Institution“ (248) ausdrückt? Der Autor
legt unmissverständlich dar, unter welchen Bedingungen ein Abfall von der Kirche vorliegt,
nämlich aufgrund einer inneren Entscheidung, die Kirche zu verlassen, deren äußerer
Kundgabe und der Annahme durch eine kirchliche Amtsperson. Darum ist es ohne vorhergehende
Prüfung jedes Einzelfalles ausgeschlossen, von einer staatlichen Austrittserklärung
auf kirchenfeindliche Motive zu schließen. Folglich zieht auch der staatliche Kirchenaustritt
nicht ohne weitres kirchenrechtliche Sanktionen nach sich. Am Schluß kommt Löffler
zu dem Ergebnis, daß das Festhalten der DBK am Kirchenaustritt aufgrund eines staatlichen
Verwaltungsaktes mit dem Kirchenrecht nicht zu vereinbaren ist und daher rechtswidrig
bleibt (358). Inhalt und Sprache des Buches verlangen ein gewisses Maß an Einblick
in staats- und kirchenrechtliche Zusammenhänge. Löfflers Adressat sind darum vor allem
Staats- und Kirchenrechtler. Dennoch wird auch der Nichtfachmann das Buch mit Gewinn
lesen, zumal der Autor nach jedem Teilabschnitt die Ergebnisse zusammenfaßt, wodurch
der rote Faden stets im Blick bleibt. Am Ende bietet er eine „Ergebnissicherung“des
gesamten behandelten Stoffes.
Zum Mitschreiben:
René Löffler Ungestraft
aus der Kirche austreten? Der staatliche Kirchenaustritt aus kanonistischer Sicht Echter-Verlag Preis:
42,00 €uro