2007-10-06 14:32:39

Ungestraft aus der Kirche austreten? - Eine Radio-Vatikan-Buchbesprechung
von Gero P. Weishaupt


RealAudioMP3 Anfang August erklärte der emeritierte Freiburger Kirchenrechtler Helmut Zapp vor einer staatlichen Behörde seinen Austritt aus der Kirche und gleichzeitig bekundete er im Freiburger Ordinariat, weiterhin zur Kirche gehören zu wollen. Ist das eine Quadratur des Kreises? Nein, denn dahinter steckt die Überzeugung, daß ein staatlicher Verwaltungsakt keine Auswirkungen auf den innerkirchlichen Bereich haben kann. Die deutschen Bischöfe denken darüber anders: Wer im staatlichen Bereich seine Mitgliedschaft in der Kirche aufkündigt, gilt in Deutschland als Schismatiker, Apostat oder Häretiker und zieht sich die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Empfang von Sakramenten, die Übernahme kirchlicher Ämter und ein kirchliches Begräbnis sind nicht mehr möglich.
Der Kirchenaustritt vor staatlichen Behörden in Deutschland beschäftigt seit Jahren die Kirchenrechtler. René Löffler hat nun in wissenschaftlich verantwortlicher Weise anhand eines reichen staatskirchen- und kirchenrechtlichen Quellenmaterials eine überzeugende Studie zur „Einordnung des sog. Kirchenaustritts in die Rechtsordnung der katholischen Kirche“ (18) der Öffentlichkeit vorgelegt. Aufgrund von „Daten und Fakten“ weist er nach, dass bei den meisten Kirchenaustritten nicht kirchenfeindliche, sondern steuerentlastende Absichten eine Rolle spielen. Ausführlich widmet er sich dem Kirchenaustritt aus staatskirchen-, dem Körperschaftsaustritt aus kirchenrechtlicher Sicht. Wichtig ist ihm die Unterscheidung zwischen der Teilkirche, in der die Katholische Kirche existiert, und der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechtes. Darum habe eine Austrittserklärung vor einer staatlichen Behörde nur das Ende der Mitgliedschaft aus der Körperschaft des öffentlichen Rechtes und damit die Verpflichtungen im staatlichen Bereich zur Folge, nicht aber notwendig den Austritt aus der Kirche. Die Gretchenfrage Löfflers lautet daher: Kann anhand des zivilen Verwaltungsaktes der Austrittserklärung „ein Abfall von der Kirche präsumiert (also angenommen) werden“ (233) und wer entscheidet darüber, ob ein Willensakt vorliegt, dessen Inhalt „die uneingeschränkte Trennung von der Kirche als Institution“ (248) ausdrückt? Der Autor legt unmissverständlich dar, unter welchen Bedingungen ein Abfall von der Kirche vorliegt, nämlich aufgrund einer inneren Entscheidung, die Kirche zu verlassen, deren äußerer Kundgabe und der Annahme durch eine kirchliche Amtsperson. Darum ist es ohne vorhergehende Prüfung jedes Einzelfalles ausgeschlossen, von einer staatlichen Austrittserklärung auf kirchenfeindliche Motive zu schließen. Folglich zieht auch der staatliche Kirchenaustritt nicht ohne weitres kirchenrechtliche Sanktionen nach sich. Am Schluß kommt Löffler zu dem Ergebnis, daß das Festhalten der DBK am Kirchenaustritt aufgrund eines staatlichen Verwaltungsaktes mit dem Kirchenrecht nicht zu vereinbaren ist und daher rechtswidrig bleibt (358).
Inhalt und Sprache des Buches verlangen ein gewisses Maß an Einblick in staats- und kirchenrechtliche Zusammenhänge. Löfflers Adressat sind darum vor allem Staats- und Kirchenrechtler. Dennoch wird auch der Nichtfachmann das Buch mit Gewinn lesen, zumal der Autor nach jedem Teilabschnitt die Ergebnisse zusammenfaßt, wodurch der rote Faden stets im Blick bleibt. Am Ende bietet er eine „Ergebnissicherung“des gesamten behandelten Stoffes.


Zum Mitschreiben:


René Löffler
Ungestraft aus der Kirche austreten? Der staatliche Kirchenaustritt aus kanonistischer Sicht
Echter-Verlag
Preis: 42,00 €uro








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