Ukraine: „Das Land braucht Freundschaft und Begleitung“
Bei der Parlamentswahl
in der Ukraine ist die pro-westliche Partei der früheren Ministerpräsidentin Julia
Timoschenko Hochrechnungen zufolge stärkste Kraft geworden. Die „Partei der Regionen“
des pro-russischen Regierungschefs Viktor Janukowitsch wurde demnach zweitstärkste
Kraft. Die frühere Sowjetrepublik mit ihren 48 Millionen Einwohnern ist gespalten
zwischen den Anhängern einer nach Westen ausgerichteten Politik und den Anhängern
einer engeren Bindung an Russland. Die Vertreter aller Kirchen in der Ukraine haben
deshalb im Vorfeld zu den Wahlen einen gemeinsamen Brief an die Bevölkerung gerichtet.
Eine wichtige Geste findet der Theologe und Experte von „Kirche in Not“, Marko Tomaschek.
„Dieses
Schreiben war fürsorglich, unparteiisch, sogar aufmunternd aber auch mahnend. Wenn
man die Schrift genauer durchliest, dann muss man sagen, dass sie versucht haben,
die Leute zu ermuntern. Die Kirchenvertreter haben geschrieben, die Stimmabgabe bedeute,
sich für die eigene Gestaltung der Zukunft und für die eigenen Kinder einzusetzen.
Das Land braucht vom Ausland Vertrauen. Die Leute außerhalb der Ukraine müssen bedenken,
welchen langen Weg die Ukraine bisher gehen musste. Im Westen will man hingegen oft
schnelle Resultate sehen. Die Ukrainer brauchen aber Zeit und sie brauchen auch Freundschaft,
Ermunterung und taktvolle Begleitung.“
Bei den letzten Wahlen im 2004 übte
die orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats großen Druck auf ihre Gläubigen aus,
um den pro-russischen Kandidaten Viktor Janukowitsch an die Macht zu bringen.
„Bei
dieser Abstimmung ist interessant, dass das Verhalten des Moskauer Patriarchats sich
sehr „verbessert“ hat. Es gab nur vereinzelte Parteinahmen, und es war nie direkt.
Und es ging diesmal nicht um Janukowitsch, sondern für die Kommunisten und Sozialisten.
Erfreulich ist, dass der Vorsteher des Moskauer Patriarchats, Metropolit Wladimir,
sich sehr neutral verhalten und sogar das gemeinsame Schreiben aller Kirchen in der
Ukraine mit unterzeichnet hat.“
Die Ukrainer waren gestern bereits das
dritte Mal seit 2004 zur Wahl gegangen. Die Parlamentswahl war wegen der politischen
Blockade durch die Rivalität zwischen Staats- und Regierungschef vorgezogen worden. (rv/afp
01.10.2007 mg)