Das Gespräch der Konfessionen
müsse auch nach Sibiu intensiv weiter geführt werden. Das hat der Magdeburger Bischof
Gerhard Feige gefordert. Feige leitete die deutsche Delegation bei der Dritten Europäischen
Ökumenischen Versammlung im rumänischen Sibiu (Hermannstadt). Mario Galgano hat mit
ihm gesprochen… (rv)
Bischof Feige, Sie haben die katholische Delegation
aus Deutschland hier in Sibiu angeführt: Was nehmen sie aus Sibiu und dieser ökumenischen
Versammlung nach Deutschland mit zurück?
„Für mich, bei allen Schwierigkeiten,
die sich mit dieser Versammlung auch verbunden haben, war sie doch wichtig. Ich glaube,
dass da viele Impulse gegeben worden sind. Wichtig war sie, denn: wo kommen sonst
noch 2.500 Christen aus allen Kirchen und Bewegungen Europas zusammen? Und wo geschieht
das sonst noch, dass in einem östlichen Land ein solches Treffen stattfinden kann?
Und ich glaube, dass es hier eine hohe Motivation der Delegierten gab, dass auch wichtige
Impulse in verschiedenen Reden gegeben wurden und wir noch Anregungen bezüglich aller
Fragen mit nach hause nehmen können; ob das nun die Einheit der Kirche betrifft, ob
das Europa betrifft, oder eben auch das Engagement in der Welt für Schöpfung, Frieden
und Gerechtigkeit. Als wichtige Impulse erachte ich, dass hier die Fülle deutlich
geworden ist, was es für vielfältige Formen des Christentums gibt, und dass es eben
auch nicht ganz so leicht ist, da zu einer gemeinsamen Stimme zu kommen. Da muss man
schon miteinander ringen, dass hat man hier in diesen Tagen auch gemerkt bei der Entwicklung
der Schlussbotschaft, dass doch so viele unterschiedliche Akzente und Anliegen da
sind und es gar nicht so leicht ist, daraus eine gemeinsame Botschaft zu formulieren.
Aber als deutliches Signal nehme ich nach Deutschland mit, dass die Ökumene weitergehen
muss und soll. Und dazu sind auch deutliche Bekenntnisse von Seiten der Orthodoxie
abgelegt worden. Ich erinnere nur an die wichtige Meditation des ökumenischen Patriarchen
Bartholomaios und das ist für mich auch sehr wichtig. Auch Kardinal Kasper hat sehr
engagiert eine Rede gehalten, die mit großem Beifall bedacht worden ist. Und da hat
man gerade gespürt, dass Ökumene eben nicht nur eine Sache des Verstandes ist, sondern
auch eine Sache des Herzens. Besonders berührt hat mich, dass es da auch in diesen
Tagen einige emotionale Momente gab; gerade am ersten Tag, wo Bilder aus der ökumenischen
Bewegung der letzten Jahre gezeigt wurden. Und dann als ein Bild gezeigt wurde, auf
dem Papst Johannes Paul II. mit dem rumänischen Patriarch Teoctist zu sehen war. Dabei
sind mir diese Emotionen besonders aufgefallen; oder wo Roger Schütz gezeigt wurde
und ganz spontan Beifall aufbrandete. Man merkte richtig, das sind Personen die haben
auch die Herzen getroffen und die haben etwas in Bewegung gebracht und das vergisst
man nicht und das finde ich so bewegend. Vieles kann man nicht in Worte fassen, das
muss man selbst erleben.
Vor dieser Versammlung und auch in den ersten
Tagen hatte man den Eindruck, dass ein zentrales Thema das jüngste Dokument der Glaubenskongregation
sein wird. Das galt am Anfang auch bei Journalisten als Hauptthema. Jetzt sind wir
fast am Schluss und es steht nicht mehr im Mittelpunkt. Was sagen Sie zu diesem Thema,
zu diesem Schreiben?
„Ja, am ersten Tag hat das uns hier schon beschäftigt
und Bischof Huber hat es im Vorfeld auch angekündigt, dass er das thematisieren will.
Es wurde aber wohl auch deutlich - ich hab das mehrfach erfahren -, dass es mehr ein
innerdeutsches Problem ist. Auch evangelische Theologen und Delegierte aus skandinavischen
Ländern oder aus Amerika hat das offensichtlich nicht so getroffen und so bewegt.
Ich habe ja selber einen offenen Brief an die evangelischen Schwestern und Brüder
geschrieben, weil ich in meinem näheren Umfeld, in unserem Bistum merkte wie die Wellen
und die Wogen hochgingen und sich viele verletzt fühlten. Und da meinte ich mich auch
äußern zu müssen, um auch deutlich zu machen, dass eine Position formuliert wurde,
die diskutabel ist und worüber wir weiter sprechen müssen. Es gibt auch auf evangelischer
Seite deutliche Positionierungen, die uns auch nicht so gefallen, wo wir nicht mit
übereinstimmen können. Und ich verstehe, wenn bei so klaren und vielleicht auch etwas
schroff klingenden Worten Menschen empfindlich reagieren und verletzt sind. Aber das
darf nicht das Eigentliche sein und darum habe ich ja auch meinen Brief darauf ausgerichtet
zu sagen: Wir sollen fair und herzlich weiter auf diesem Weg der Ökumene gehen und
miteinander um gute Lösungen ringen. Das muss verantwortlich geschehen, aber eben
auch mit einem wachsenden Vertrauen zueinander. Und nicht mit einer schroffen Distanz.“
Wir
befinden uns hier in Rumänien, in einem orthodoxen Umfeld. Welche Rolle hat das gespielt
oder welche Schwierigkeiten hat das bei dieser Versammlung mit sich gebracht?
„Ich
halte es für wichtig, dass es hier in Rumänien stattgefunden hat und ich glaube, dass
es wahrscheinlich von den orthodoxen Ländern her auch erst einmal nur hier möglich
war. Die rumänisch-orthodoxe Kirche hat sich schon seit einiger Zeit geöffnet. Johannes
Paul II. hat das Land besucht und hier war schon damals eine solche Haltung zu spüren,
die das möglich gemacht hat. Ich hätte mir freilich gewünscht, dass die geistlichen
Schätze der Orthodoxie doch noch etwas mehr eingeflossen wären in diese Versammlung.
Wir hatten ja den dreigestuften Weg, in Rom war deutlich die katholische Spiritualität
zu spüren und in dieser Woche wurde sie auch vielfältig eingebracht; in Wittenberg
war es das lutherische Erbe und hier hatten wir zwar auch Gottesdienste mit den Orthodoxen,
aber ich hätte mir doch noch ein bisschen mehr gewünscht.“
Glauben Sie,
dass von orthodoxer Seite die Ökumene etwas anders verstanden wird als bei Katholiken
oder Lutheranern?
„Es gibt da durchaus auch Unterschiede, aber ich möchte
daran erinnern, dass vor allem das ökumenische Patriarchat schon 1920 zur Annäherung
der Kirchen aufgerufen hat, und dass die katholische Kirche eigentlich erst nach dem
zweiten Vatikanischen Konzil so richtig in die ökumenische Bewegung mit eingestiegen
ist. Und dann gebe ich auch noch zu bedenken, dass verschiedene orthodoxe Kirchen
in sehr schwierigen Verhältnissen gelebt haben bis 1989, und dass es in dieser Zeit
auch gar nicht möglich war intensive Kontakte zu den anderen Kirchen zu knüpfen oder
ihre Gläubigen auf diesen Weg mitzunehmen und ihnen das zu erschließen. Und das hängt
auch immer noch nach, sodass die orthodoxen Kirchen - meine ich – langsam auf dem
Weg vorankommen, aber konstruktiv schon diesen Weg mitgestalten wollen und können.“
Welchen nächsten Schritt sehen sie jetzt konkret in der Ökumene, vor Allendingen
in Deutschland?
„Ich glaube, dass auf bilateraler Ebene manches notwendig
ist und auch Gespräche stattfinden und weitergeführt werden müssen. Beispielsweise
auch der orthodox-katholische internationale Dialog, der demnächst in Ravenna zu einer
nächsten Sitzung zusammenkommt; es müssen die theologischen Gespräche weitergeführt
werden, aber es muss auch zwischen den Gemeinden vor Ort das ökumenische Bewusstsein
wachsen. Und wir sollten in vielen Dingen gemeinsam handeln und der Welt, Europa ein
deutliches Zeugnis gemeinsamer Gesinnung und gemeinsamen Handelns geben.“