"Stärkung für Zweifler" - das Resümee der Österreichreise unserer Korrespondentin
Gudrun Sailer
Die Papstreise ist vorbei - welchen Eindruck hinterlässt der Papst, welche Wirkungen
hat der Besuch für die Kirche in Österreich und was wird bleiben. Hören Sie dazu ein
Resümee unserer Korrespondentin Gudrun Sailer: Wien, Mariazell, Heiligenkreuz;
Laien, Bischöfe, Vertreter des Judentums, Politiker, Mönche, Ehrenamtliche – der 80-jährige
Papst hat in drei Tagen ein Programm absolviert, das auch seinen Vorgänger in seinen
besten Zeiten geziert hätte. Benedikt war als Pilger gekommen, und so war die Station
in Mariazell, bei der Gnadenmutter Österreichs, Ungarns und der slawischen Völker,
zweifellos der Höhepunkt dieser Reise. In einer wunderbaren Predigt an diesem Ort,
der seit 850 Jahren Pilger aus dem gesamten mittel- und osteuropäischen Raum anzieht,
widmete sich Papst Benedikt dem Thema der Wahrheit. „Wahrheit setzt sich nicht mit
äußerer Macht durch“, erklärte er. Die Resignation vor der Wahrheit sei Kern der Krise
Europas. Und wie ein ferner Nachsatz zu einer missverstandenen Äußerung bei seiner
Reise in Brasilien wirkt eine seiner Aussagen über Jesus: „Wenn wir ihn den einzigen
für alle gültigen Heilsmittler nennen, der alle angeht und dessen alle letztlich bedürfen,
so ist dies keine Verachtung der anderen Religionen und keine hochmütige Absolutsetzung
unseres eigenen Denkens.“ Papst Benedikt XVI. kennt Österreich gut. Als Kind,
als Jugendlicher, als Priester, als Kardinal Joseph Ratzinger war er unzählige Male
hier, in Oberösterreich, Salzburg, Wien oder Kärnten. Als Papst war Benedikt zum ersten
Mal hier. Die Gläubigen und die Neugierigen mussten einem elenden Wetter trotzen und
ließen sich dennoch von der freudigen Stimmung anstecken, die Papst Benedikt ganz
offensichtlich erfüllte. In der Hektik, die ein Papstbesuch für Journalisten bedeutet,
konnte es auch zu Fehlern kommen. „Benedikt fordert von Politik Abtreibungsverbot“,
schrieb Österreichs größte Presseagentur in einer Eilmeldung, und viele Zeitungen
übernahmen die Falschaussage ungeprüft. Tatsächlich hatte Benedikt die österreichische
Rechtslage bestärkt: Abtreibung ist ein Unrecht – und das solle sie auch bleiben.
Papst Benedikt weiß sehr gut, dass er politische Forderungen diesen Kalibers nicht
stellen kann. Dass er den Schutz des Lebens in seinen verletzlichsten Phasen einfordern
muss, ist Gott sei Dank auch den meisten Papstkritikern klar. Wahrheit, Europa,
Besinnung auf den Sonntag: Benedikt hat über viele Themen gesprochen. Als Stärkung
im Glauben für Gefestigte, besonders aber Zweifler war diese Pilgerfahrt angelegt.
Ob die Botschaften des Papstes in Österreich angekommen sind, werden die nächsten
Jahre zeigen.