2007-09-07 14:22:11

Wien: Von der Mariensäule zum Judenplatz


RealAudioMP3 Von einer jubelnden Menschenmenge, die seit Stunden im Dauerregen ausharrte, ist Papst Benedikt in der Wiener Innenstadt begrüßt worden. „Ich kann es nur bewundern und ,Vergelt’s Gott’ sagen“, so der Papst. Ein Gebet an der Mariensäule war der erste Programmpunkt seiner Pilgerreise.


Der Besuch des Papstes solle vor allem die Gläubigen stärken, so der Wiener Kardinal und Erzbischof Christoph Schönborn in seinen Begrüßungsworten: „Die Kirche in Österreich ist durch notvolle, schmerzliche Zeiten gegangen. Wir sind in Gefahr, mutlos zu werden, zu resignieren oder gar die Hoffnung zu verlieren. Stärken Sie unseren Glauben, Heiliger Vater!“
Vertreter des kirchlichen wie öffentlichen Lebens, Familien und Jugendliche überbrachten dem Papst ihre Wallfahrtsbitten. An Rosen geheftet wurden sie später als Blumenstrauß vor das Allerheiligste in der „Kirche am Hof“ gelegt: „Wir bitten Sie, Heiliger Vater, beten Sie mit uns für die Zukunft unserer Heimat, inmitten Europas. …Beten Sie für uns, damit wir dort nicht fehlen, wo unsere Hilfe notwendig ist. … Wir erleben die Spannung im Zusammenwachsen der Völker… Beten Sie mit uns, Heiliger Vater, um den Heiligen Geist, der uns führt und ermutigt im alltäglichen Miteinander der Menschen und Kulturen sowie im Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.“
Die Reise nach Österreich ist ein Pilgerreise nach Mariazell, das hatte Benedikt ausdrücklich betont, deshalb hatte er in Wien die Mariensäule als erste Etappe gewählt, um „einen Augenblick nachzudenken über die Bedeutung der Muttergottes für Österreich einst und jetzt sowie über ihre Bedeutung für einen jeden von uns“. „In ihrer Mütterlichkeit nimmt Maria auch heute Menschen aus allen Sprachen und Kulturen unter ihren Schutz, um sie in vereinter Vielfalt miteinander zu Christus zu führen. An sie können wir uns wenden in unseren Sorgen und Nöten. Von ihr sollen wir aber auch lernen, einander so liebevoll anzunehmen wie sie uns alle annimmt: einen jeden in seiner Eigenart, von Gott gewollt und geliebt.“ Glaube ist kein Selbstzweck, so betont Benedikt oft, in Wien klang das so: „In der weltweiten Familie Gottes, in der für jeden Menschen ein Platz vorgesehen ist, soll jeder seine persönlichen Gaben zum Wohle aller entfalten.“ Die Mariensäule hatte Kaiser Ferdinand III. nach dem 30-Jährigen Krieg errichten lassen, „sie soll für uns auch heute ein Zeichen der Hoffnung sein“, so der Papst.
Unter dem Dauerregen brach die Technik zusammen, die Mikrofonanlage fiel aus. Benedikt musste seine Ansprache abbrechen, Kardinal Schönborn stimmte mit den mehreren Zehntausend singenden Wienern das Vater Unser an. Abseits des Jubels betete Benedikt anschließend in der Kirche am Hof, Heimat der kroatischen Katholiken Wiens.
In unmittelbarer Nachbarschaft: der Judenplatz und das Mahnmal für die österreichischen Opfer der Shoah. Das stille Innehalten des Papstes dort gehörte wohl zu den meistbeachtetsten Momenten des Tages. Kardinal Schönborn hatte in seinen Begrüßungsworten die Bedeutung dieser Geste betont: „Auf Christus schauen“, so das Motto der Reise, „heißt auch auf unsere Wurzeln schauen. Petrus war Jude. Die Apostel waren Juden. Maria ist Jüdin, und Jesus, ihr Sohn, unser Herr, ist es durch sie. Nie dürfen wir den Wurzelstamm vergessen, der uns trägt (vgl. Röm 11,18). Es gehört zur Tragik dieser Stadt, dass gerade hier diese Wurzel vergessen, ja verleugnet wurde, bis hin zum Gottlosen Willen, das Volk zu vernichten, dem Gottes erste Liebe gilt. Heiliger Vater, am nahen Judenplatz werden Sie in stillem Verweilen der Opfer dieser Verblendung gedenken. Wir begleiten Sie dabei mit innerer Anteilnahme.”
(rv 07.09.2007 bp)








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