Von einer jubelnden
Menschenmenge, die seit Stunden im Dauerregen ausharrte, ist Papst Benedikt in der
Wiener Innenstadt begrüßt worden. Der Wiener Kardinal und Erzbischof Christoph Schönborn
sprach in ihrer Namen.
Wir dokumentieren hier seine Ansprache im Wortlaut:
Heiliger
Vater! Mit großer Freude begrüßen wir Sie hier auf dem „Platz am Hof“, an dieser ersten
Station Ihres Pilgerweges nach Mariazell, hier vor der alten Mariensäule, der Immaculata.
Seit dem 8. Dezember, seit neun Monaten, bereiten sich viele in Österreich im Gebet
darauf vor, mit Ihnen, Heiliger Vater, geistlich den Weg der Pilgerschaft zu gehen,
und unser Leben besser als Pilgerweg des Glaubens zu verstehen.
Heiliger
Vater, neben den Vielen, die über Rundfunk und Fernsehen mit Ihnen hier sind, haben
Jugendliche aus Wien und den benachbarten Bundesländern den Weg hierher gefunden,
um Sie zu begrüßen. Es sind vor allem Schülerinnen und Schüler aus Katholischen Schulen.
Hier sind aber auch viele Menschen aus den anderssprachigen Gemeinden. Allein in Wien
leben 200.000 Katholiken aus anderen Ländern. Viele von ihnen sind heute gekommen,
um den Heiligen Vater zu begrüßen. Sie sind „Weltkirche in Wien“! Priester, Ordensleute,
Laien, sind zu diesem Fest des Glaubens gekommen. Sie alle heißen Sie von Herzen willkommen.
Wir
freuen uns über Ihren Besuch, Heiliger Vater. Wir wissen, wie sehr Sie unser Land
und seine Menschen lieben. Wir freuen uns, dass der Nachfolger des Apostels Petrus
bei uns ist. Zu ihm hat Christus das Wort gesagt, das wie ein Felsen die Kirche durch
die Jahrhunderte trägt: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche
bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18). Dieses
Wort Jesu gilt. Christus selber baut seine Kirche, auch heute. Sie ist nicht bloßes
Menschenwerk, obwohl so viel Menschliches an ihr ist, an Großem und an Schwachem.
Deshalb lebt die Kirche, weil Christus sie trägt und stets durch seinen Geist erneuert.
In
Ihnen, Heiliger Vater, ist diese Zusage Jesu Gegenwart. „Du bist Petrus“! „Auf diesen
Felsen werde ich meine Kirche bauen!“ Petrus wie seine Nachfolger waren und sind Menschen
mit ihrer Größe und ihren Bedrängnissen. Aber Christus ist treu. Auch heute baut er
seine Kirche auf Petrus, den Fels! Jesus hat Petrus den Auftrag gegeben: „Stärke deine
Brüder!“ (Lk 22,32). Ja, Heiliger Vater, stärken Sie ihre Brüder und Schwestern! Die
Kirche in Österreich ist durch notvolle, schmerzliche Zeiten gegangen. Wir sind in
Gefahr, mutlos zu werden, zu resignieren oder gar die Hoffnung zu verlieren. Stärken
Sie unseren Glauben, Heiliger Vater! Lenken Sie unseren Blick neu auf Christus! Denn
Er ist unsere Zuversicht und unsere Hoffnung!
Auf Christus schauen, heißt
auch auf unsere Wurzeln schauen. Petrus war Jude. Die Apostel waren Juden. Maria ist
Jüdin, und Jesus, ihr Sohn, unser Herr, ist es durch sie. Nie dürfen wir den Wurzelstamm
vergessen, der uns trägt (vgl. Röm 11,18). Es gehört zur Tragik dieser Stadt, dass
gerade hier diese Wurzel vergessen, ja verleugnet wurde, bis hin zum Gottlosen Willen,
das Volk zu vernichten, dem Gottes erste Liebe gilt. Heiliger Vater, am nahen Judenplatz
werden Sie in stillem Verweilen der Opfer dieser Verblendung gedenken. Wir begleiten
Sie dabei mit innerer Anteilnahme.
Danke, Heiliger Vater, dass Sie zu uns
gekommen sind. Danke, dass Sie die Mühe dieser Pilgerreise auf sich genommen haben.
Danke, dass Sie als Ziel Ihrer einzigen Auslandsreise in Europa in diesem Jahr dieses
kleine Land im Herzen Europas gewählt haben. Wir können unseren Dank am Besten dadurch
erstatten, dass wir alle versprechen, alle Ihre vielen und großen Sorgen und Anliegen
im Gebet mitzutragen und sie als Pilger mit Ihnen zur Gnadenmutter von Mariazell mitzunehmen!
Heiliger Vater, ein herzliches „Grüß Gott“ in Österreich und in unserer
Wienerstadt! (rv)