2007-09-07 13:40:06

Eindruck vor Ort: Wirkung ist langfristig


RealAudioMP3 Die Reise Papst Benedikts nach Österreich hat begonnen. Wir haben mit Gudrun Sailer, unserer Korrespondentin vor Ort, über Bedeutung und Erwartungen der Reise gesprochen:


Die Zusage des Papstes war ja eher spontan, welche Bedeutung hat diese Reise?
Für die österreichische Kirche ist das eine große Sache. Die Bischöfe werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass es die einzige Reise des Papstes nach Europa in diesem Jahr ist. Ich glaube, Papst Benedikt hat auch deshalb so spontan zugesagt, weil er eine große Chance sieht, seine Gedanken zum Thema Europa auszubauen. Es gibt ja für ein Oberhaupt der katholischen Kirche kaum einen geeigneteren Ort als Mariazell, um über ein neu zusammenwachsendes Europa Gedanken zu sprechen, über die Werte, die diesen Kontinent in der Seele zusammenhalten. Seit 850 Jahren ist Mariazell ein Anziehungspunkt für Menschen aus allen Ländern Mittel- und Osteuropas, nicht einmal der Eiserne Vorhang hat die Zuneigung der pilgernden Katholiken zu diesen Ort schmälern können. Nun kommt der Papst, wie er gesagt hat, als Pilger unter Pilgern – aber genau in diesem europäischen Kontext wird sein Besuch auch eine politische Bedeutung haben.
Was erwartet den Papst, in welcher Situation ist die Kirche in Österreich?
Österreich ist immer noch ein katholisches Land. Es könnte aber besser bestellt sein um die Lebendigkeit der Kirche in Österreich. Da wirkt noch die große Krise Groer-Krenn nach. Die Affären haben treue Katholiken verunsichert und kritische Katholiken vertrieben. Seit dem letzten Papstbesuch 1998 hat die Kirche mindestens zehn Prozent der Gläubigen verloren. Aber es gibt wieder Hoffnungszeichen, gerade unter den Laien. Stichwort: Pfarrgemeinderäte. Das sind die Laien, die sich in ihren Pfarren engagieren. Sie sind erst vor wenigen Monaten neu gewählt worden, unter großer Beteiligung. Und andererseits gibt es einzelne leuchtende Beispiele von lebendiger Spiritualität. Stift Heiligenkreuz zum Beispiel, das Papst Benedikt am Sonntag besuchen wird. Es ist geradezu unglaublich, auf welch eindrückliche, einfache und überzeugende Art diese Zisterziensermönche dort Neuevangelisierung betreiben. Indem sie beten, indem sie Menschen mit offenen Armen empfangen, indem sie sich allen Fragen stellen, indem sie tun, was sie tun. Wäre Kirche überall wie in Heiligenkreuz, hätte sie viele ihrer Probleme gelöst.
Wie ist die Stimmung im Volk?
Besser als manche angesichts des Wetters befürchtet haben! Es regnet ja seit Tagen in Strömen hier. In manchen Teilen Österreichs stehen Überschwemmungen bevor. Wenn man auf der Straße unterwegs ist, sieht man kaum über den Rand seines eigenen Regenschirmes hinaus. Aber trotzdem war die Stimmung dort, wo der Papst war, blendend. An der Mariensäule jubelnde Menschen in gelben Plastik-Regenhäuten, die waren im Pilgerpaket dabei, Benedikt-Rufe waren zu hören, ganz zu schweigen von den Menschen, die sich vielleicht seit Wochen vorbereiten auf diesen Besuch, etwa die Musiker, ich war bei einer Chorprobe in der Kirche am Hof dabei, und die Leute hatten glühende Ohren vor Vorfreude.
Was muss passieren, dass diese Reise als Erfolg verbucht wird, dass sie im Nachhinein wirklich als wichtig eingestuft wird und nicht nur als Ausflug nach Mariazell?
Es geht darum, auf positive Art das Starke an der Kirche herauszustreichen. Deshalb wird der Papst ganz bewusst den Einsatz von Laien würdigen, wie er das ja schon in seiner Begrüßungsrede gemacht hat. Er wird den Pfarrgemeinderäten einen Missionsauftrag erteilen, er wird die Bemühungen zur Verteidigung des Sonntags würdigen, die aus Österreich in andere Länder Europas ausstrahlt, wo der Sonntag nicht mehr denselben Stellenwert hat. Benedikt hat ja schon mehrfach bewiesen, dass es ihm liegt, zu ermuntern, zu bestärken. Wie Kardinal Schönborn gesagt hat: Es gibt kein Kardiometer, keinen Herzschrittmesser, um die Effekte dieser Papstreise auf das Bewusstsein der Menschen zu messen. Man wird die Effekte nicht unbedingt sehen. Aber im besten Fall wird man sie langfristig spüren, in einem größeren Interesse für das, was Kirche sagt und ist, oder wieder in einer größeren Akzeptanz für das, wofür sie sich einsetzt.
(rv 06.09.2007 gs)








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