Im dritten Anlauf
ist Abdullah Gül zum türkischen Präsidenten gewählt worden. Gül gehört der regierenden
konservativen AKP an, manche fürchten nun eine Islamisierung der an sich laizistischen
Türkei. Doch bisher erscheint Gül eher als Mann der Mitte und der Integration, bestätigt
der in Ankara lebende Jesuit, Pater Felix Körner SJ:
„Er hat es auch jetzt
wieder bei seiner ersten Ansprache im Parlament verstanden, die Sorgen der Gegner
aufzunehmen und zu zeigen, ‚Ich kenne eure Sorgen und nehme sie ernst!’ Deswegen hat
er mehrmals davon geredet, dass die Türkei ein laizistischer Staat ist und das bekräftigt
damit. Deswegen hat Türkei mit der Staatspräsidentschaft von Abdullah Gül eine gute
Chance, in den Integrationsprozessen weiterzukommen.“
Das Problem ist weniger
Gül selbst, sondern es sind Strömungen innerhalb der AKP, so Körner.
„Ich
warne davor, jetzt zu sagen: Wir haben einen integrativen Mann an der Spitze, also
eine Art Unionspolitiker, der das Religiöse und den Freiheitsgedanken vernünftig zusammenbringt,
wie man das leider bei Analytikern der politischen Lage in der Türkei hört. Ich möchte
schon sagen, es gibt in der AKP auch eine islamische Wählerschaft, die man besser
als islamistisch bezeichnet. Es gibt Erwartungen von Türken, die mit einer kopftuchtragenden
First Lady gleich de Erwartung verbinden, jetzt dürfen wir auch freier in Richtung
Scharia-Staat gehen.“
Körner hofft eine weitere Stabilisierung der Türkei:
„Vor
allem brauchen wir eine wachere und gelassenere gesellschaftliche Bereitschaft, Pluralität
in diesem Land als Bereicherung zuzulassen, gerade in dem Bewusstsein, dass dieses
Land eine großartige christliche Geschichte hat: Das ist kein Grund, dass man sich
fürchten muss! Die Menschen hier müssen sagen können: Der Andere, der Nichtmuslim,
ist für uns auch ein Garant dafür, dass man in Freiheit glauben kann und auch nicht
glauben kann!“