Italien: Katholiken diskutieren über europäische Identität

In Rimini findet in diesen Tagen das traditionelle Meeting der Gemeinschaft „Comunione e Liberazione“ (Gemeinschaft und Befreiung) statt. Das Thema des Treffens in diesem Jahr: „Die Wahrheit ist das Schicksal, für das wir erschaffen sind“. Unter den Teilnehmern ist auch der Präsident des europäischen Parlaments Hans-Gert Pöttering. Der 62-jährige Christdemokrat hat in Rimini an einem Podium zum Thema „Welche Identität für Europa?“ teilgenommen, wir haben mit ihm vor Ort gesprochen und ihn gefragt, was für ihn wesentlich zu dieser Identität dazu gehört:

„Wir haben eine lange europäische Geschichte, die bestimmt ist von vielen geistigen und religiösen Entwicklungen, und zu unserer europäischen Identität gehört ohne jeden Zweifel die griechische Philosophie, das römische Recht, die Aufklärung, aber insbesondere auch unser christliches Erbe. Der Kern dieses christlichen Erbes ist die Würde des Menschen; das ist für uns als Christen sozusagen das Herz unserer europäischen Identität.“

Dass Europa vor allem christliche Wurzeln hat, liegt auf der Hand. Dennoch fürchten manche einen neuen Hegemonieanspruch der Kirche. Wie glauben Sie, könnten die christlichen Wurzeln im aktuellen politischen Diskurs zum Tragen kommen?

„Wir sind in der europäischen Union - wie auch in den Mitgliedsstaaten der europäischen Union - eine pluralistische Gesellschaft. Kein Teil der Gesellschaft hat die vorherrschende Stellung; niemand hat eine Dominanz. Jede gesellschaftliche Gruppierung, jedes Bekenntnis, jede politische Meinung kann die Chancen nutzen, um sich in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen. Ich als Christ bekenne mich dazu, dass wir insbesondere die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stellen sollten. Jeder Mensch ist einzigartig, unabhängig von seinen finanziellen oder intellektuellen Möglichkeiten, unabhängig von der Frage, wo man herkommt: Jeder hat seinen eigenen Wert; und dieses deutlich zu machen und auch den Wert des Lebens deutlich zu machen, glaube ich, ist wirklich christlich.“

(rv 24.08.2007 mc)