Bei den Selbstmordanschlägen in den nordirakischen Kurdendörfern sollen Dienstag Abend
mindestens 350 Menschen ums Leben gekommen sein, andere Quellen sprechen von 500 Opfern.
70 Bewohner werden noch vermisst. Die große Brutalität der Attentate hat den Sicherheitsrat
der Vereinten Nationen jetzt dazu veranlasst, die Anschlagsserie im Nordirak scharf
zu verurteilen. Zugleich rief das höchste UN-Gremium nochmals zu einem Ende der Gewalt
auf. Der Apostolische Visitator der chaldäischen Katholiken in Europa, Bischof Philip
Najim, kritisiert im Gespräch mit Radio Vatikan die Untätigkeit der irakischen Regierung:
„Die kurdische Regierung im Nordirak garantiert das in ihren Möglichkeiten
Stehende; aber es gibt einen irakischen Staat, eine Regierung, die nach den Regeln
der Verfassung gebildet wurde. Sie muss ihre Verantwortung gegenüber der Bevölkerung
wahrnehmen. Es kann nicht sein, dass die Regierung nicht die Interessen der Bevölkerung
respektiert! Heute geschieht nicht einmal das Minimum, um die Sicherheit der Bevölkerung
zu gewährleisten.“
Die Opfer gehören der Volks- und Religionsgruppe der
Jesiden an, die im Irak einige Hunderttausende Anhänger umfasst. Wie die Christen
sind die Jesiden also eine der zahlreichen Minderheiten im Irak. Bischof Najim: „Diese
Minderheiten gehören zum irakischen Volk, zu diesem „irakischen Garten“, der sich
aus vielen Ethnien und Volksgruppen zusammensetzt. Der Irak gehört niemandem ausschließlich,
er gehört allen Irakern. Alle haben das Recht, respektiert zu werden und in diesem
Land zu leben! Die irakische Verfassung muss die Rechte aller garantieren. Aber ich
sehe praktisch keinerlei Demokratie im Irak. Die Regierung sieht die Verantwortung
nicht, die sie gegenüber der ganzen Bevölkerung hat.“ Der Geistliche
zweifelt, ob es einen Ausweg aus der Spirale der Gewalt gibt: „Diese
Attentate zeigen den Hass derjenigen, die den Irak spalten und letztlich zerstören
wollen. Diese Angriffe auf jene kleinen Volksgruppen, die seit Tausenden von Jahren
im Irak leben, beweisen, dass die Täter weder Frieden noch Wohlstand für das Land
wollen. Es handelt sich um einen terroristischen Akt gegen die Menschheit und die
irakische Bevölkerung, den wir alle verurteilen.“