2007-08-12 14:40:05

Vatikan: P. Federico Lombardi - 65 Jahre


RealAudioMP3 Pater Federico Lombardi SJ ist im August 1942 geboren, und zwar in Saluzzo im Piemont . Er trat 1960 dem Jesuitenorden bei. 2001 wurde er Dirketor des vatikanischen Fernsehzentrums "Centro Televisivo Vaticano' CT und 2005 Generaldirektor von Radio Vatikan. Nach dem Rücktritt von Joaquin Navarro-Valls wurde er von Papst Benedikt XVI. zum Pressesprecher des Vatikans ernannt. Aldo Parmeggiani hat Pater Lombardi gefragt, wie er das eigentlich macht: Gleich drei Jobs und dennoch immer die Ruhe selbst! Ist er denn wirklich kein nervöser Mensch oder zeigt er das nur nicht?


"Menschen in der Zeit"
Federico Lombardi - 65 Jahre
(Sendung: am 12. August 2007)

Pater Federico Lombardi SJ ist im August 1942 in Saluzzo im Piemont geboren. Er trat 1960 dem Jesuitenorden bei. Er studierte Philosophie, Mathematik und schloss sein Theologiestudium in Frankfurt am Main ab. Anschließend arbeitete er bei der Jesuitenzeitung 'La Civiltà Cattolica' in Rom und wurde hier stellvertretender Chefredakteur. Von 1984 bis 1990 übte er das Amt des Provinzials für die italienische Jesuitenprovinz aus. Im Jahr darauf wurde er zum Programmdirektor von Radio Vatikan berufen. 2001 wurde er Direktor des vatikanischen Fernsehzentrums "Centro Televisivo Vaticano' CTV und 2005 Generaldirektor von Radio Vatikan. Nach dem Rücktritt von Joaquin Navarro-Valls wurde er von Papst Benedikt XVI. zum Pressesprecher des Vatikans ernannt.

Vor einem Jahr genau sind Sie - in Beibehaltung Ihrer bisherigen Ämter - eher überraschend zum Leiter des Vatikanischen Presseamtes ernannt worden, ein Posten, der viele Jahre lang vom spanischen Journalisten Navarro-Valls eingenommen wurde. Wie war Ihnen da zu Mute?

'Ja, das war für mich vorerst eine Überraschung. Ich hatte nur wenige Tage vorher erfahren, dass das Staatsekretariat - auch der Papst persönlich - diese Idee hatten, mich mit diesem Amt zu betrauen. Aber gleichzeitig war ich ruhig und gelassen, denn ich hatte diesen Posten nicht angestrebt, weder gesucht noch gewollt. In diesem Sinne tragen die anderen die Verantwortung für meine Wahl. So konnte ich ruhig meine Arbeit beginnen.

Welches Ereignis würden Sie von der Warte des Presseamtes als das wichtigste Geschehen in diesem Jahr betrachten, und warum?

' Für mich war das wichtigste Ereignis die Regensburger - Debatte. Ich befand mich praktisch am Anfang meines Amtes. Im September war die erste Auslandsreise, die ich mit dem Papst gemacht habe. Am Ende dieser Reise gab es das Problem der weltweiten Debatte über die Rede des Papstes. Das war für mich natürlich eine schwierige Situation, aber gleichzeitig auch eine sehr ansprechende und interessante. Es ging darum, Wege zu finden, um in den Dialog mit so verschiedenen Kulturen zu kommen. Das heißt, es ging darum, den eigentlichen Sinn der Rede des Papstes und seine Intentionen zu erklären. Und das in verschiedene Richtungen. Die Reise in die Türkei und der Besuch in der 'Blauen Moschee' waren dann für mich wirklich das Ende dieser Episode, mit dieser klaren Aussage von Verständigung und von Respekt von Seiten des Papstes für die islamische Kultur'.

Sie sind Generaldirektor von Radio Vatikan und des vatikanischen Fernseherntrums geblieben, zwei Ämter, die Sie schon lange Zeit innehaben. Wie gelingt es Ihnen eigentlich ein so immenses Arbeitspensum täglich zu bewältigen? Ist es der Fleiß, die Disziplin oder das Organisationstalent, oder sind es alle drei Dinge zusammen?

'Ja, ich muss jeden Tag einen Weg finden, um alle Probleme zu lösen. Für mich ist die Lösung die Ordnung. Eine gewisse Ordnung in der Arbeit. Ich beginne morgens im Radio, um die anstehenden Themen zu studieren und meinen Mitarbeitern erste Richtlinien zu geben. Dann gehe ich zum Pressesaal, in dem der zweite Teil des Morgens der wichtigste Zeitabschnitt ist. Da werden die wichtigsten Materialien des Vatikans bekannt gemacht, Begegnungen mit den Journalisten organisiert usw. Dann gehe ich kurz zu dem vatikanischen Fernsehzentrum, wo meine Mitarbeiter alle Fragen des Tages gesammelt haben und ich meine Anweisungen gebe. Dann am Nachmittag bin ich wieder im Radio Vatikan für längere und ruhigere Besprechungen mit den Mitarbeitern des Radios. Mit dieser Methode und Tagesorganisation habe ich bis jetzt die Lage ziemlich gut im Griff gehabt. Natürlich gibt es Situationen, in denen ein gewisser Notstand herrscht. Dann wird es schwieriger. Aber das Wichtigste für diese verschiedenen Ämter ist immer die Ordnung'.

Ihr ganzes Erscheinungsbild deutet darauf hin, dass Sie kein ungeduldiger, nervöser Mensch sind. Sind Sie das wirklich nicht, oder zeigen Sie es nicht?

'Sie haben Recht. Ich glaube, dass wenn ich nervös wäre, wäre ich kaputtgegangen. Schon mehrere Male. Für mich ist das Wichtigste ein ruhiges Gewissen zu haben. Und wichtig ist auch die Tatsache, dass ich diese Ämter von Oberen bekommen habe, die Vertrauen in mich haben. Ich mache, was ich kann. Ich habe niemanden versprochen, dass ich alles lösen kann'.

Gibt es ein Ereignis im Radio, das für Sie unvergesslich bleibt?

Ja, natürlich: das war der Besuch des Papstes. Zum Anlass des 75. Geburtstages von Radio Vatikan ist der Papst zu uns gekommen und hat wirklich einen gründlichen Besuch gemacht. Er hat mit großer Aufmerksamkeit alles gesehen, unsere Büros und Studios, und wollte alles wissen, was wir machen. Das war für uns alle ein sehr ermutigendes Ereignis. Das war für mich der schönste Tag hier.'

Wie sehen Sie die Zukunft des 'Senders des Papstes'? Wie werden dieser Sender, das Presseamt und das Fernsehzentrum in Zukunft aussehen?

'Ich glaube, dass wir eine Mission haben. Wir alle. Eine sehr stabile und ständige Mission. Das ist der Dienst für den Papst: Information über die Lehre und die Tätigkeit des Papstes und den Dienst des Papstes für die Kirche und die Menschheit. Das ist etwas, das bleibt. Wir müssen nicht schwierige Lösungen finden, wir müssen das sagen und das erklären, was die Linie des Vatikans ist. In diesem Sinne: die Klarheit der Mission ist für mich eine große Hilfe und auch eine große Hoffnung und Sicherheit für die Zukunft. Was sich ändert, ist die Technologie, ist die Suche nach  neuen Wegen der Information und dazu technische Lösungen für unsere Arbeit zu finden. Aber das ist einigermaßen sekundär. Ich habe auch das Vertrauen, dass unsere Mitarbeiter und Techniker gute Lösungen finden werden und uns Wege aufzeichnen, damit wir unsere Mission in der richtigen Weise effektiv realisieren können'.

Es gibt Stimmen, die meinen, eine Zusammenlegung so wichtiger Ämter, wie Sie sie bekleiden, könnte eventuell zu einer persönlichen Machtkonzentration führen: wie sehen Sie das?

'Na gut, wenn es das Problem gibt und die Oberen das denken, dann genügt es, dass sie einem anderen ein oder zwei von diesen Ämtern abgeben...(lacht). Das ist für mich kein Problem. Die Frage ist, ob jemand seine Ämter als Macht sieht oder als Dienst. In diesem Sinne habe ich das Gefühl, dass sich meine Mitarbeiter nicht sehr unterdrückt fühlen, sondern dass sie auch gerne mit mir mitarbeiten. Und ich bin sehr zufrieden, mit ihnen zusammen zu arbeiten in diesen drei verschiedenen Institutionen.'

Papst Johannes Paul II. wurde oft als 'Medienpapst' bezeichnet. Und er war es auch. Welches Verhältnis zu den Medien hat eigentlich Benedikt XVI.? Wie würden Sie diesen Papst am besten kennzeichnen? Als Theologenpapst? Als Professorenpapst? Als Gelehrtenpapst?

' Natürlich, das Verhältnis zu den Medien ist bei beiden Päpsten verschieden. Es sind so verschiedene Persönlichkeiten: Papst Johannes Paul II. war naturgemäß ein Akteur, und Benedikt ist mehr ein Professor. Aber Papst Benedikt kann sehr gut erklären, was er denkt. Er hält wunderbare Reden und Homelien und er zelebriert sehr würdig und in wunderbarer Weise. In diesem Sinne kann er auch sehr gut durch die Medien seine Botschaft weitergeben. Ich glaube, er könnte auch sehr gute Interviews geben und Zwiegespräche führen, aber ich merke, dass er das nicht so gerne und nicht so oft macht. Wenn er es tut, dann macht er es sehr gut, allerdings nicht so oft, wie es die Journalisten möchten. Unter den drei Alternativen, die Sie genannt haben, würde ich Theologenpapst wählen. Natürlich. Aber er ist nicht nur Theologe, er hat auch eine tiefe Spiritualität. Was für mich bemerkenswert ist, ist die Synthese zwischen der Theologie und der Spiritualität, wie wir in seiner Lehre, in seinen Homelien, in seinen Ansprachen sehen können. In
diesem Sinne ist er sicher auch ein Seelsorger. Ein Seelsorger durch Theologie und durch Leitung der Kirche. Theologenpapst ist eine gute Charakterisierung,'

Was würden Sie gerne von Ihrer Jugendzeit erzählen?

'Ich verbrachte eine ganz normale Jugendzeit in einer katholischen Familie im Piemont. Ich besuchte die Jesuitenschule in Turin und meine Berufung ergab sich ziemlich natürlich. Ich würde sagen: in einem Milieu, das auch sehr stark kirchlich und sozial engagiert war. Ich war bei Pfadfindergruppen und anderen katholischen Verbänden beschäftigt, aber das Leben mit den Pfadfindern hat mich ziemlich tief gezeichnet. Diese langen Fahrradreisen mit meinen Kameraden durch Europa, das war etwas Begeisterndes. Wir fuhren von Turin nach Oslo, nach Santander, nach Paris, nach Barcelona usw.  Das war für einen Jungen von 14-15 Jahren natürlich etwas ganz Besonderes. Aber entscheidend für uns war die Idee des Dienstes für die anderen. Und daher kam meine Berufung am Ende der Schulzeit ziemlich - ja, nicht natürlich - denn die Berufung ist immer etwas Besonderes, aber es war auf jeden Fall eine gute Vorbereitung. '

Gibt es einen spezifischen Grund, warum Sie 1960 den Jesuitenorden als Ihren Orden gewählt haben?

'Ja der Grund ist vielleicht, weil ich in die Jesuitenschule besuchte. Aber ich war auch mit den Pfadfindern bei den Salesianern verbunden. Ich hatte sozusagen zwei Modelle von religiösem Leben vor mir: aber ich muss sagen, ich habe ganz spontan für die Jesuiten gewählt. Das war nicht eine schwierige Wahl. Ich habe sehr viele Freunde bei den Salesianern, das ist für mich auch ein sehr natürliches Milieu. Ich weiß nicht warum, aber die Berufung war immer ziemlich klar und spontan in Richtung Jesuiten orientiert. Ich hatte auch einen Onkel, der Jesuit war, aber er war ziemlich weit von meinem täglichen Leben entfernt. er war nicht in derselben Stadt usw. Er hatte also keinen besonderen Einfluss bei der Wahl für die Jesuiten gehabt. Mag sein, dass er dabei half, dass meine Eltern meine Berufung leichter angenommen haben.'

Vor 35 Jahren haben Sie das Sakrament der Priesterweihe empfangen. Wie lautet Ihr Wahlspruch?

'Ich habe keinen spezifischen Wahlspruch. Wenn ich einen Wahlspruch wählen müsste, würde ich den Spruch von Ignatius von Loyola benutzen: 'In Allem lieben und dienen'. Das ist der Sinn meines Lebens, das ist der Dienst für die anderen, ein Dienst in der Liebe, in der Liebe, die ich von Jesus lerne. Das ist praktisch alles, was ich wünsche'.

Wenn Sie zurückschauen: welches war für Sie als Priester bis jetzt das schönste Ereignis, das Sie in dieser Berufung erlebt haben?

' Da muss ich an den Beginn meines priesterlichen Lebens zurückschauen, ein Ereignis, das sehr tief in meiner Erinnerung geblieben ist. Als ich geweiht wurde, war ich in Deutschland. In Frankfurt. Ich studierte Theologie, aber ein großer Teil meiner Tage und meines Lebens war der Dienst an den ausländischen Arbeitnehmern, den Italienern, die dort arbeiteten. Ich hatte auch die pastorale Betreuung, soziale Fragen usw. über. Ich erinnere mich immer an einen Kreuzweg am Karfreitag, den ich mit einigen Freunden für die Gastarbeiter in Rödelheim in Frankfurt organisiert habe. Das war wirklich so eine tiefe Erfahrung. Wir baten die Arbeiter, ein großes Kreuz herzustellen, und mit diesem großen Kreuz haben wir den Kreuzweg unter den verschiedenen Baracken gemacht. Wir haben gesungen und ich habe so viele von diesen Leuten, die ein so hartes Leben hatten, an diesem Abend weinen gesehen. Ich habe auch kurz gepredigt, aber die wirkliche Predigt war der Kreuzweg selbst. Damals habe ich erfahren, wie die Geheimnisse des Lebens Jesu so tief auf die Menschen von armen Zeiten wirken können. Darum habe ich auch später, als ich nach Rom gekommen bin, auch die Kreuzwege in den Stadtvierteln, wo ich als Priester tätig war - zum Beispiel im Volksviertel Magliana -  abgehalten mit tausenden von Leuten. Ich glaube, dass der Kreuzweg wirklich ein Zeichen der Gnade für alle Menschen in jeder Zeit darstellt. Und dieser erste Kreuzweg, den ich organisiert hatte, in dieser Situation, ist für mich immer ein sehr fundamentales Ereignis geblieben'.

Sie sind nicht nur Theologe und Philosoph, sondern auch promovierter Mathematiker. Was hat Sie denn so stark zum Journalismus hingezogen?

'Das hat auch wieder mit den ausländischen Arbeitnehmern zu tun. Als ich in Frankfurt war, kam ein in Deutschland lebender Jesuit von der 'Civiltà Cattolica' zu mir und hat mir vorgeschlagen, einige Artikel über meine Arbeit zu schreiben. Das habe ich gerne gemacht. Nicht um Artikel zu schreiben, sondern um meinen Arbeitnehmern zu dienen. Diese Artikel haben dem Leiter dieser Zeitschrift zu jener Zeit, Pater Tucci, gut gefallen. Das war der Anfang meines Lebens in der Kommunikation. Mein Leben war auf diese Weise so bestimmt'.

Sie stehen heute sozusagen im Zenith Ihres Berufslebens. Als Generaldirektor von Radio Vatikan und als Chef des vatikanischen Pressesaales müssen Sie sicher auch gesellschaftliche Verpflichtungen wahrnehmen: Tun Sie das gerne oder empfinden Sie darin eher eine Belastung?

'Gute Frage. Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, das ist für mich eher eine Belastung. Aber auf jeden Fall: wenn ich manchmal an diesen gesellschaftlichen Verpflichtungen teilnehme, ergibt sich auch immer die Möglichkeit, neuen Menschen zu begegnen. Und das ist am Ende immer eine gute Erfahrung. Man hat immer, in jedem Menschen, etwas zu bewundern und von ihm zu lernen.'

Sie feiern in diesem Monat ihren 65. Geburtstag: was wünschen Sie sich persönlich, was wünschen Sie Radio Vatikan?

'Für mich selbst habe ich keinen besonderen Wunsch. Ich mache weiter, was ich machen muss und was man von mir verlangt. Für Radio Vatikan kann ich nur wünschen, dass es seine Mission gut, immer besser ausführen kann. Ich wünsche, dass immer mehr Menschen verstehen, wie wichtig die Mission von Radio Vatikan für die Kirche ist. Als Zeichen der Universalität. Insbesondere wünsche ich mir, dass auch von den Oberen im Vatikan, diese Vielfalt der Sprachen und der Kulturen geschätzt wird. Ein wirklicher Reichtum und eine Notwendigkeit für die Kirche. Wenn die Kirche wirklich universal sein will, dann muss sie fähig sein, sich in so vielen Sprachen auszudrücken. Ich glaube, Radio Vatikan ist eine Realität, in der die Kirche diese Möglichkeit hat'.

Eine letzte Frage: In wie viel anderen Sprachen hätten Sie dieses Gespräch noch führen können?

'Ich hätte es auch besser in Italienisch machen können. Natürlich. Aber vielleicht auch in Französisch und in Englisch. Ich kann gut Portugiesisch und Spanisch verstehen, aber nicht leicht sprechen'.

Aldo Parmeggiani





(rv 12.08.2007 mc)










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