2007-08-11 14:30:33

Afghanistan: „Papst könnte viel tun“


RealAudioMP3 In Kabul dauern die Gespräche der Religions- und Stammesführer aus Afghanistan und Pakistan über ein Ende terroristischer Gewalt an. Rund 650 Vertreter zahlreicher Stämme beraten seit zwei Tagen über Maßnahmen zum gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus; die Taliban, Hauptverantwortliche islamistischen Terrors, hatte allerdings zum Boykott des Treffens aufgerufen. Dennoch ist die so genannte „Friedens-Dschirga“ eine erfreuliche Premiere: Erstmals tritt eine Versammlung zusammen, an der Vertreter Afghanistans und Pakistans miteinander über Möglichkeiten zur Terrorbekämpfung sprechen. Ausländische Delegationen nehmen an der Konferenz nicht teil. Für den Afghanistan-Experten Matin Baraki hat die westliche Welt viele Fehler in der Region gemacht.

„Sowohl die Vereinten Nationen als auch die EU und die Nato haben sich in Afghanistan diskreditiert. Da sie eine negative Rolle gespielt haben, sollten sich diese Institutionen von dem Afghanistan-Konflikt fernhalten. Afghanistan war Gründungsmitglied der Blockfreienstaaten; Afghanistan ist Gründungsmitglied der ´Konferenz islamischer Staaten´. Man sollte eher die Länder der islamischen Konferenz sowie die ´blockfreien Staaten´ dazu bitten, eine stärkere Rolle zu spielen. Auch wäre es wünschenswert, wenn der Papst ebenfalls zur Versöhnung unter den Afghanen beitragen könnte. Das wäre eine sehr gute Sache.“

Religions- und Stammesführer, erklärt Baraki, genießen in Afghanistan von Haus aus eine hohe Autorität.

„Manchmal ist es so, dass ein Religionsführer gleichzeitig auch ein Stammesführer ist. Diese Leute haben einen sehr großen Einfluss und genießen auch viel Respekt in der afghanischen Bevölkerung. Wenn sie etwas entscheiden, dann wird das im Allgemeinen auch von ihrem Stamm oder ihrer Religionsgemeinde akzeptiert. Die Dschirga hat eine sehr lange Tradition in der afghanischen Geschichte. Afghanistan ist ja eine Stammesgesellschaft, und wenn da etwas stattfindet wie beispielsweise eine Auseinandersetzung, dann geht man nicht zur Polizei, sondern man beruft eine Dschirga ein. Dschirga bedeutet nichts anders als ‚Rat’ oder ‚Versammlung’.“

Matin Baraki ist Lehrbeauftragter an den Universitäten Marburg, Kassel und Giessen. Sein Spezialgebiet ist islamischer Fundamentalismus.

(rv 10.08.2007 mg)








All the contents on this site are copyrighted ©.