Konzil, Mission, Jugendpastoral,
wiederverheiratet Geschiedene - auf viele heiße Themen hat Papst Benedikt XVI. gestern
Antwort gegeben. In der Kirche von Auronzo di Cadore in der Nähe seines norditalienischen
Urlaubsortes stellte sich der Papst den Fragen von Priestern. Das vatikanische Staatssekretariat
hat den Text des Gesprächs heute Mittag veröffentlicht.
Das Frage-Antwort-Spiel,
das vor zwei Jahren, kurz nach Benedikts Wahl, bei seinem Urlaub im Aosta-Tal begonnen
hatte, ist mittlerweile zu einer Tradition geworden. Auch diesmal ging es bei dem
Gespräch um Praktisches, Konkretes. Wie kann man denn heute noch die Gewissen junger
Menschen formen, wollte ein Priester wissen - Benedikt riet, von allgemein akzeptierten
Imperativen, zum Beispiel dem Umweltschutz, auszugehen. "Gehen wir gemeinsam die
offensichtlichen Wege, die heute auch ein Laien-Gewissen leicht sehen kann, und versuchen
wir von da aus zu den schwierigeren Stimmen hinüberzuführen, zur wahren Stimme des
Gewissens." Benedikt XVI. eindringlich: "Eine Welt ohne Gott wird unausweichlich
zu einem Ort der Beliebigkeit und des Egoismus." Auf eine weitere Frage hin riet
er den Priestern, sich bei ihren Aufgaben nicht zu verzetteln, sondern das Wesentliche
im Blick zu behalten. "Die drei Imperative sind: beten, heilen, verkündigen. Ich
glaube, wir müssen die Balance zwischen diesen drei Imperativen finden und sie immer
als Herzstück unserer Arbeit vor Augen haben." Verkündigung bedeute übrigens nicht,
"die ferne Utopie einer besseren Welt" anzusteuern, sondern das "Reich Gottes
auszurufen, das Gott selbst ist und das uns in Christus ganz nahe gekommen ist." Weiteres
Thema: der Dialog mit anderen Religionen und Kulturen. "Es gibt keine einheitliche
Welt mehr. Vor allem in unserem Westen sind alle anderen Kontinente präsent: die anderen
Religionen, die anderen Lebensweisen. Die ständige Begegnung, die wir leben, macht
unsere Lage ähnlich der der antiken Kirche - damals waren die Christen eine winzige
Minderheit..., umgeben von ganz unterschiedlichen Religionen und Lebensbedingungen."
Der erste Petrusbrief habe in dieser Lage, die der heutigen ähnelt, geraten: "Seid
immer bereit, Zeugnis abzulegen von der Hoffnung, die in euch ist." "Im
Dialog mit Moslems" - so Papst Benedikt - "kann man nicht sofort zu den großen
Glaubensgeheimnissen kommen... Die Moslems haben eine bestimmte Vorstellung von Christus
und eine Liebe zu Maria. Es gibt also gemeinsame Elemente auch im Glauben, die Ausgangspunkte
für den Dialog sind. Eine praktische, machbare und auch nötige Sache ist es vor allem,
eine grundlegende Übereinstimmung über die zu lebenden Werte zu finden." Auf
die Fragen nach der Seelsorge für gefährdete Jugendliche und für wiederverheiratete
Geschiedene fand Papst Benedikt XVI., so unterschiedlich auch die Ausgangslage war,
doch eine fast gleichlautende Antwort: "Wir müssen allgemein, in unserer Generation,
in unserer Kultur, den Wert des Leidens wiederentdecken. Lernen, dass das Leiden auch
eine sehr positive Realität sein kann, die uns hilft, zu reifen, noch mehr wir selbst
zu werden. Die uns dem Herrn näherbringt, der für uns gelitten hat und leidet." Ansonsten:
ein Aufruf des Papstes zur Freude am Christsein. "Die Kirche ist jung", rief
er wie bei seiner Amtseinführung vom April 2005, und Beifall gab es für seine Worte:
"Seien wir mit Freude Katholiken!" Nicht alles sei nach dem Konzil in der Kirche
falsch gelaufen: "Mir scheint es sehr wichtig, dass wir heute mit offenen Augen
sehen, was nach dem Konzil auch an Positivem gewachsen ist: Liturgische Erneuerung,
Synoden, Pfarrei-Strukturen, Zusammenarbeit, neue Verantwortung der Laien, neu geteilte,
interkulturelle und interkontinentale Verantwortung, neue Erfahrung der Katholizität
der Kirche... Als ich nach Brasilien fuhr, wusste ich, wie stark die Sekten wachsen
und wie gelähmt die Kirche dort wirkt; aber als ich erstmal dort war, sah ich, dass
fast täglich in Brasilien eine neue religiöse Gemeinschaft, eine neue Bewegung entsteht,
es wachsen nicht nur die Sekten. Die Kirche wächst in neuen Realitäten, die voller
Vitalität sind." (rv 25.07.2007 sk)