Regierungskritiker
werden in Äthiopien buchstäblich aus dem Weg geschafft: Ein Gericht in Addis Abeba
hat gestern insgesamt 30 Oppositionelle zu lebenslanger Haft verurteilt, unter ihnen
den äthiopischen Menschenrechtler Mesfin Woldemariam. Er hat die Regierung des Ministerpräsidenten
Meles Zenawi öffentlich kritisiert. Die Staatsanwaltschaft hatte letzte Woche die
Todesstrafe für die Angeklagten gefordert, erklärt die Internationale Gesellschaft
für Menschenrechte (IGFM). Die Justiz werde in Äthiopien zu politischen Zwecken missbraucht
klagt der Menschenrechtsexperte der IGFM, Martin Lessenthin. Im Mai 2005 wurden die
Parlamentswahlen gefälscht – das sei der Grund für die jüngsten Verhaftungen, so Lessenthin:
„Nun, das geht auf den Wahlbetrug durch die Regierung des Ministerpräsidenten
Melles Zenawi zurück. Dieser Wahlbetrug ist auch von internationalen Beobachtern dokumentiert,
festgestellt und kritisiert worden. Das ist sehr gravierend gewesen und hat Herrn
Melles das Weiterregieren in der bisherigen Form ermöglicht. Dagegen sind Menschenrechtler
wie Professor Woldemariam und andere Oppositionspolitiker auf die Straße gegangen.
Es gab sehr eindrucksvolle Demonstrationen, vor allem in der Hauptstadt Addis Abeba.
Dieser öffentliche Protest hat wiederum dazu geführt, dass die ‚Regierung Melles’
Polizei und Justiz dazu benutzt hat, diese kritischen Stimmen zum Schweigen zu bringen.“
Das
christlich geprägte Äthiopien sei ein totalitärer Staat, so der Menschenrechtsexperte,… „...der
weitgehend außerhalb des öffentlichen Interesses in Europa und den USA liegt. Es gibt
sogar gegenüber der Regierung Melles ein gewisses Wohlwollen, weil sie sich freiwillig
anbietet als ostafrikanischer Polizist, der eingreift und Militär schickt, wenn sich
in Somalia Warlords bekämpfen oder Islamisten einen Scharia-Staat zu etablieren versuchen.
Dies hat auch innenpolitisch Bedeutung, denn der Vielvölkerstaat Äthiopien hat eine
millionenstarke somalische Bevölkerung.“
Die Internationale
Gesellschaft für Menschenrechte fordert die Europäische Unionund die Vereinigten
Staaten auf, Entwicklungshilfe für Äthiopien an die Einhaltung demokratischer Werte
zu koppeln. Ein Staat, der Oppositionelle aufgrund „absurder Vorwürfe zu langen Haftstrafen“
verurteile, sei weit von einer Demokratie entfernt, so die IGFM.