Das jüngste von der
Glaubenskongregation veröffentlichte Dokument über das Kirchenverständnis hat verschiedene
Reaktionen ausgelöst. Insbesondere die Kirchen der Reformation haben das Dokument
als „ökumenisch brüskierend“ bezeichnet. Der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung
der Einheit der Christen, der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper, sieht in der
Erklärung der vatikanischen Glaubenskongregation „keinen sachlichen Grund“, dass sich
evangelische Christen empören oder brüskiert fühlen sollten. Mario Galgano hat ihn
zu den weiteren Schritten in der Ökumene gefragt.
„Es geht auf jeden Fall
mit dem Dialog weiter, auch nach diesem Dokument. Es ist ja nicht die Absicht des
Dokumentes, den Dialog zu blockieren, sondern Klarheit in dem Dialog zu bringen -
und das ist immer ein Fortschritt. Es geht vor allem dadurch weiter, dass wir bei
dem ansetzen, was wir gemeinsam haben, und das ist viel wichtiger und größer als das,
was uns trennt. Das heißt nicht, dass man die Unterschiede verschleiert. Sondern die
Unterschiede muss man im Zusammenhang mit dem Gemeinsamen lösen. Das Gemeinsame ist
wichtig, weil wir gemeinsam heute Zeugnis geben müssen von Gott, von Jesus Christus,
vom Evangelium. Das ist, was die Menschen brauchen, und die theologischen Unterschiede
haben erst dann ihren Platz und ihre entsprechende Bedeutung.“
Wenn man
genau hinschaut, sieht man, dass diejenigen, die sich empört haben, aus zwei Richtungen
kommen: Auf der einen Seite haben die evangelischen Kirchen heftig gegen das Dokument
gesprochen, und auf der anderen Seite gibt es die Orthodoxen. Mir scheint nun, dass
die Orthodoxen ein bisschen weniger Empörung gezeigt haben. Ich habe gelesen, dass
Metropolit Kirill sogar lobende Worte gesprochen hat.
„Ich sehe das genauso,
Metropolit Kirill vom Moskauer Patriarchat hat sich sehr lobend ausgesprochen. Zu
dieser Erklärung hat er gelobt, dass es eine klare Sache ist, und man kommt nur weiter,
wenn man ehrlich und klar seine Position vertritt und dann natürlich sich mit den
anderen austauscht. Ich denke nicht, dass auf Seiten der orthodoxen Kirchen große
Probleme entstehen können über diesen Text. Er entspricht ja auch weitestgehend der
orthodoxen Position. Anders ist dies mit der evangelischen Seite. Hier bestehen einfach
in den Punkten ´Was ist Kirche?´, ´Wo ist Kirche?´, ´Wie ist Kirche?´, ´Was ist das
Amt in der Kirche?´ noch grundlegende Fragen. Die hat auf deutscher Seite sehr deutlich
Bischof Wolfgang Huber von Berlin ausgesprochen. Wir haben aber auch wesentlich freundlichere
Reaktionen bekommen. Das ist wahrscheinlich noch nicht in der Presse. Die evangelisch-lutherische
Kirche der Vereinigten Staaten benützt einen Ton, der völlig anders ist und viel
freundlicher, konstruktiver und weiterführender. Man kann nicht einfach sagen, dass
es einen Aufstand und eine Empörung auf evangelischer Seite gibt. Auch dort sind die
Standpunkte überaus differenziert.“
Welche Botschaft kann man den Mitbrüdern
und Mitschwestern geben, die empört sind? Was kann man ihnen mitteilen?
„Man
kann Verschiedenes sagen. Man kann zum Ersten sagen, dass das Dokument auch sehr positive
Aussagen über die evangelische Kirche macht. Dass dort Jesus Christus wirksam gegenwärtig
ist. Zum Heil der Glieder dieser Kirche. Es ist eine Aussage, die vor einigen Jahrzehnten
noch undenkbar gewesen wäre. Da gibt es einen gemeinsamen positiven Grund. Und zum
Zweiten muss man sagen, die evangelischen Kirchen haben einfach ein anderes Kirchenverständnis
und ein anderes Amtverständnis. Es kann nicht gegen den Dialog sein, das zu artikulieren
und dann darüber zu sprechen. Die Evangelischen legen gerade in der letzten Zeit Wert
auf ein eigenes Profil. Nun hat die katholische Kirche ihr Profil dargelegt. Das kann
nichts Verbotenes und nichts Negatives sein.“
Können
Sie uns auch etwas zu einem nächsten ökumenischen Schritt erzählen? Etwas, was jetzt
auch ansteht?
„Wir bereiten uns ja vor, um nach der Sommerpause nach Sibiu
(Hermannstadt) in Rumänien zu reisen, wo die Europäische Versammlung stattfindet.
Und das ist ein ganz wichtiger Schritt, der auch zeigt, die Konfessionen, die Kirchen
sind beieinander und wollen beieinander bleiben. Sie haben ein gemeinsames Zeugnis
für Europa; und dann im Oktober wird die weitere Vollversammlung der Dialogsgruppe
zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen sein. Da hoffen wir, auch
einen Schritt weiter zu kommen. Das Dokument, das wir letztes Mal andiskutiert haben,
soll zu Ende geführt werden. Die Karawane zieht weiter, und die Ökumene marschiert.“