China: Erzabt Jeremias, „Die Kirche will nicht das System stürzen“
Am Samstag hat Benedikt
XVI. den lang erwarteten Brief an die chinesischen Katholiken veröffentlicht. Der
Brief ist sehr versöhnlich gehalten, offenbar hofft der Vatikan, die angespannte Lage
zwischen chinesischem Staat und Heiligem Stuhl wieder normalisieren zu können. Bis
jetzt gibt es noch keine offiziellen Reaktionen von chinesischer Seite, von katholischer
Seite ist das Dokument enthusiastisch aufgenommen worden. Wir haben den Erzabt der
Benediktinerabtei Sankt Ottilien, Jeremias Schröder, gesprochen, dessen Orden seit
Jahren in China aktiv ist. Er ist froh über den Brief, weil er die verfahrene Situation
weiterbringen kann:
„Ich weiß, dass die chinesischen Christen auch mit einem
gewissen Bangen diesem Brief entgegen gesehen haben, weil sie nicht wussten, was da
kommen wird. ‚Wird da vielleicht aus der Ferne unser Leben noch schwieriger gemacht?’
Aber es hat sich schon im Vorfeld abgezeichnet, dass der Papst da einen guten pastoralen
Ansatz findet und sehr verständnisvoll über die chinesische Realität sprechen wird.
Das hat er jetzt getan, und ich bin sehr froh darüber, weil ich denke, das wird helfen,
Dinge in China wirklich weiter zu bringen.“
Der Erzabt ist vor allem erleichtert
über die Klarstellung, dass die Kirche nicht in den Staat hineinregieren wolle:
„Das
war ganz wichtig und wirklich klug. Ich habe selber noch in Peking vor einigen Monaten
gehört, wie mir jemand sagte, ‚Wissen Sie, wir haben hier alle Angst, dass es uns
geht wie in der Sowjetunion. Die Sowjetunion ist auseinander gefallen, weil der Papst
sich da eingesetzt hat.“ Ich habe dann versucht zu erklären, dass das falsch ist.
Der Papst antwortet genau auf diese große Angst, die bei vielen in der Führungsriege
in der Volksrepublik China vorherrscht, dass die Kirche eigentlich einen Regimewechsel
will. Das ist nicht das katholische Verständnis der Kirche. Die Kirche ist dazu da,
den Menschen zu helfen, ihren Lebenssinn zu entdecken und nicht dazu da, politische
Systeme umzustürzen.“
Nicht nur mit Blick auf den chinesischen Staat ist
der Brief bedeutsam, sondern auch für die Kirche selbst, weil er, sagt Erzabt Schröder,
„die
Katholiken untereinander zur Einheit aufruft. Da ist viel Energie vergeudet worden,
und es sind Spannungen entstanden, die wirklich Menschen verletzt haben. Der Papst
macht deutlich: Alle, die in China in verschiedenen Situationen katholisch sein wollen,
sind Teil der katholischen Kirche, und es geht nicht darum, politische Optionen gegeneinander
auszuspielen. Ich denke, dass das sehr klug war und hilft, die Energien zu bündeln
und die Kirche allmählich zur Einheit zu führen.“