Kirchenpolitische Sprecher der Fraktionen im Vatikan
Es war eine Premiere:
Die kirchenpolitischen Sprecher aller fünf Bundestagsfraktionen waren gemeinsam zu
Gesprächen im Vatikan nach Rom gereist. Eine besondere Agenda gab es nicht, allerdings
standen Gespräche mit hochrangigen Kurienvertretern auf dem Programm wie dem stellvertretenden
Außenminister Pietro Parolin oder auch dem Leiter der Bildungskongregation Kardinal
Zenon Grocholewski. Ich konnte im Anschluss mit den allen Abgeordneten sprechen. Ingrid
Fischbach (CDU) ist zum Beispiel zufrieden mit dem Verlauf der Gespräche, man habe
wichtige Themen ansprechen können:
„Zum einen den Stand des EU-Gipfels,
die Verfassung, die immer noch nicht da ist, die auf den Weg gebracht werden soll,
dann natürlich die Bedeutung des Gottesbezugs in der Präambel, wird sie kommen, wird
sie nicht kommen, inwieweit muss die Bundesrepublik da noch aktiver werden und den
Heiligen Stuhl unterstützen. Aber auch die Rolle Polens war ein Thema, inwieweit kann
die Kirche hier, kann der Vatikan unterstützend wirken. Und wir haben Anregungen bekommen,
die wir zuhause umsetzen können, zum Beispiel die Deutsche oder die polnische Bischofskonferenz
anzusprechen, aber auch Eindrücke, die deutlich machen, wie wichtig Außenbeziehungen
des Heiligen Stuhls sind.“
Zufrieden zeigte sich auch Bodo Ramelow, kirchenpolitischer
Sprecher und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Partei „Die Linke”, früher
PDS. Der Islam sei eine Frage,
„die uns in Deutschland zurzeit sehr
bewegt, damit man nicht den gläubigen Teil des Islam den Islamisten und den Fundamentalisten
und in der letzten Konsequenz Terroristen überlässt, ist die Frage, wie gehen abrahamitische
Weltreligionen miteinander um. Ich kann nur mit großer Hochachtung feststellen, dass
der Papst an dieser Stelle, seitdem er sein Amt angetreten hat, mehrere Zeichen auch
durch Reisen gesetzt hat. Ich glaube, das muss man aufnehmen und auch tatsächlich
die Akteure der unterschiedlichen Religionen mit ins Gespräch hineinbringen.”
Nach
der Generalaudienz am Mittwoch sind die Politiker dem Papst selbst begegnet:
„Es
war ein berührender und bewegender Moment, weil wir gemeinsam als Fraktionskollegen
aller Bundestagsfraktionen vorgestellt wurden. Er hat kurz mit uns gesprochen; und
ich hatte schon das Gefühl, dass auf beiden Seiten klar war, dass es nicht ganz alltäglich
ist. In dem Gespräch später mit dem Außenminister ist das noch einmal deutlich geworden,
welche Rolle wir als Parlamentarier auch über den Heiligen Stuhl spielen können und
spielen sollten.”
Die Reise diente aber offenbar auch dazu, Verbindungen
zwischen den Fraktionen zu knüpfen, meint Kerstin Griese, SPD:
„Ja
es ist ja doch mehr als man denkt unter den Politikerinnen und Politikern, die ein
christliches Wertefundament haben, die sei’s aus der Jugendarbeit kommen, oder auch
in ihren Gemeinden verankert sind. Es ist inzwischen gerade unter den jüngeren interessanterweise
eine Generation, die das nicht so stark vor sich her trägt, die aber sehr stark verwurzelt
ist. Ich habe in meiner SPD-Fraktion mal eine Abfrage gemacht und sage seitdem immer:
Das sind ungehobene Schätze, wer sich da alles meldet, wer da Interesse hat an engerer
Zusammenarbeit mit den Kirchen, wer irgendwo engagiert ist, sei’s irgendwo in einem
Dritte-Welt-Projekt, in seiner Kirchengemeinde oder in der Diakonie und der Caritas.
Das ist eigentlich ganz schön zu wissen.“
Der praktizierende Katholik und
FDP-Politiker Hans-Michael Goldmann denkt, dass sich Politik und Glaube nicht widersprechen
müssen, auch wenn Kirche den Politikern nichts vorschreiben sollte:
„Diese Exkommuniziergeschichte, die fand ich ziemlich daneben, wo es die Diskussion
gab, Wenn man sich nicht im Sinne der Kirchenlehre abstimmt – so ist das jedenfalls
angekommen – dann wird man möglicherweise exkommuniziert. Das halte ich für nicht
akzeptabel. Wir machen ja auch im Bundestag keine katholischen Gesetze und keine evangelischen
Gesetze, sondern wir machen Gesetze für die Gesellschaft, bei denen möchte ich, dass
christliche Gesichtspunkte zum Tragen kommen. Aber ein Abstimmungsverhalten ‚Du bist
Katholik, und deswegen musst Du allen Fragen zustimmen, das sehe ich nicht.“
Die
Ton macht eben die Musik, auch in der Politik. Beide Seiten sollten da selbstkritisch
sein, sagt der Grüne Josef Winkler:
„Das mag manchmal etwas vermessen
sein, ich kann auch nicht jede einzelne Äußerung meiner Kolleginnen und Kollegen gutheißen,
die auf jeden Wink aus dem Vatikan gleich mit Zornesglut reagieren. Aber nichtsdestotrotz,
etwas mehr Milde im Umgang miteinander kann ganz erfreuliche Folgen haben.“