2007-06-24 13:13:39

Österreich: Waldheim beigesetzt


Versöhnung - dieses Wort prägte viele Äußerungen beim Requiem am Samstag für den verstorbenen österreichischen Politiker Kurt Waldheim. Kardinal Christoph Schönborn erinnerte im Wiener Stephansdom mit Blick auf den verstorbenen Altbundespräsidenten und einstigen UNO-Generalsekretär an den Auftrag Jesu in der Bergpredigt: "Versöhne dich, bevor du vor Gott hintrittst". Aus dem "Letzten Wort" Waldheims mit seiner großen Versöhnungsbitte werde, so Schönborn, ein tiefes Wissen um das spürbar, was die Welt heller machen könnte: "Die bedingungslose, erwartungsfreie Versöhnung".
Kurt Waldheim sei, wie Kardinal Schönborn betonte, mit seinem eigenen Leben und seiner Aufgabe als Friedenssucher wie kaum ein Zweiter am Kreuzungspunkt der "menschlichen und politischen Grundfrage" gestanden, "wie viel Vergessen und wie viel Bewahren der Mensch braucht". Beides sei im rechten Maß notwendig: "Würden wir uns an alles Böse erinnern, das auf unserer Geschichte lastet, wir könnten nicht leben. Umgekehrt aber gilt auch: Würden wir alles vergessen, was falsch und böse war, wir wären keine Menschen. Wir könnten nichts bedenken und nichts lernen. Wir hätten keine Vergangenheit und damit auch keine Zukunft".
Versöhnung könne niemandem verordnet werden, hielt der Wiener Erzbischof fest. Dieser Anruf könne nicht von außen erzwungen werden, er müsse von innen kommen, und er brauche den Raum der Gnade. Kardinal Schönborn zitierte das Wort des Apostels Paulus: "Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat". Die Regel des Umgangs miteinander müsse lauten: "Wie Gott mir, so ich dir". In einer gnadenlosen "Beschuldigungsgesellschaft" sei es so schwer, Schuld und Versagen ehrlich zu thematisieren, weil der "Raum des Wohlwollens" fehle. Ohne diesen "Raum des Wohlwollens" werde die Selbstrechtfertigung zum Überlebenszwang.Waldheim war bei seinem Amtsantritt als Bundespräsident Ziel einer bis dahin beispiellosen internationalen Kampagne geworden. Sie warf ihm als früherem Soldaten der deutschen Wehrmacht Verwicklung in Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor.
Wie Kardinal Schönborn betonte, könne niemand bestreiten, dass Kurt Waldheim nach der Erfahrung von Diktatur und Krieg, von Tod und Elend sein Leben ganz auf Versöhnung gesetzt habe - in seiner Berufsentscheidung, in seinem jahrzehntelangen Wirken für Österreich und die Völkergemeinschaft, das auch von Papst Benedikt XVI. in seinem Kondolenztelegramm zum Begräbnis gewürdigt werde. Vielleicht habe Waldheim auch dort noch zu verbinden und Belastendes auszuklammern versucht, wo Unversöhnliches gegeneinander steht und als unversöhnlich benannt werden muss.
Mit Bundespräsident Heinz Fischer an der Spitze waren die Repräsentanten des offiziellen Österreich beim Requiem im Dom anwesend. Auch zahlreiche Vertreter des Diplomatischen Corps waren gekommen. Auch Bundespräsident Heinz Fischer plädierte in seiner Ansprache im Dom am Ende des Trauergottesdienstes für Versöhnung. Fischer nahm auf den Lernprozess Bezug, der zu einer anderen Sicht der NS-Zeit in Österreich geführt habe. "Kurt Waldheim wurde zu einer Projektionsfläche für schlechtes Gewissen im Zusammenhang mit unserem Umgang mit der NS-Zeit und mit Versäumnissen in der Nachkriegsgeschichte. Vielleicht auch zu einer Projektionsfläche für manche unbeantwortet gebliebene Frage von Kindern und Enkelkindern der Kriegsgeneration an ihre Väter und Großväter", so der Bundespräsident.
Kurz vor 14 Uhr setzte sich auf dem Zentralfriedhof der Trauerzug in Richtung Präsidentengruft vor der Karl-Borromäus-Kirche in Bewegung. Nach Abspielen der Bundeshymne erfolgte die Einsegnung durch Kardinal Schönborn.








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