2007-06-23 19:13:12

Wochenkommentar von Pater Eberhard v. Gemmingen


Die meisten Bewohner Mitteleuropas kleiden sich schlecht, primitiv, unschön. Diese vielleicht etwas scharfe und ungewöhnliche These möchte ich heute mit Ihnen bedenken. Seit Jahren habe ich – wenn ich durch unsere Städte und Dörfer komme - den Eindruck, dass die allermeisten Menschen nicht schön herumlaufen. Man geht im Freizeitlook – und der ist eher schlampig, langweilig. Wenn ich nun daran denke, wie die Menschen etwa in Indien, in Japan, in den Ländern Afrikas und Lateinamerikas versuchen, so schön wie möglich zu sein, so wundert es mich, warum wir reichen Europäer eigentlich so armselig ausschauen. Jahrelang liefen die Meisten sogar in düsteren Farben herum. Das ist in letzter Zeit ein wenig besser geworden. Man trägt wieder mehr bunt.
Nun ist die Frage der Kleidung ja eigentlich kein Thema für einen Priester und für einen Wochenkommentar von Radio Vatikan. Uns soll es ja um die unsterblichen Seelen der Menschen und ihr ewiges Heil gehen und nicht um die äußere Schönheit.
Die Frage bewegt mich dennoch, weil ich fürchte, die äußere Nachlässigkeit hat mit einer inneren Haltung zu tun. Ich fürchte, die äußere Stillosigkeit spiegelt innere Unordnung. Ich wäre froh, wenn ich damit Unrecht hätte.
Lassen Sie es mich noch ein wenig ausweiten. Wenn Menschen sich äußerlich schön machen, dann vermutet man dahinter Eitelkeit. Ich denke aber, dass das nicht ganz stimmt. Man macht sich auch schön, um anderen einen guten Anblick zu erlauben. Man macht sich schön, um sich in die Gesellschaft, in der man lebt, einzuordnen. Das sieht man an wohl gekleideten Bänkern, das sah man früher an der Trachtenkleidung. ‚Erinnern wir uns daran, dass vor allem Menschen aus ehemals kommunistischen Ländern sich etwa für die Fronleichnamsprozession in traditionelle Schale werfen. Wer sich schmuck anzieht, zeigt Stil. Fehlt uns das Gefühl für Stil, für Anstand, für äußere Umgangsformen? Und wenn ja: zeigt das, dass uns auch im Inneren Respekt, Hochachtung, Anstand, Ehrfurcht fehlen. Ich habe ein wenig den Verdacht. Das gilt nicht unbedingt für die einzelne Person, aber das gilt für die Gesellschaft als Ganze. Und wenn das alles stimmt, dann sollten wir darüber nachdenken, wie wir die Gesellschaft von innen her heilen können. Und ein letztes: Auch wenn ich mir die Teilnehmer an vielen Sonntagsgottesdiensten anschaue, dann denke ich: bitte zieht euch doch für den lieben Gott und die feiernde Gemeinde etwas sonntäglicher an. Wenn der Priester und die Ministranten gut aussehen, so darf das Volk Gottes nicht nachhinken. Besonders traurig ist es, wenn Lektorinnen oder Lektoren oder Kommunionhelfer aussehen als seien sie auf der Flucht. Wenn das Volk Gottes zusammenkommt und vor den Herrn tritt, sei es schön und schmuck.
(rv 23.06.2007 gem)







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