Papst Benedikt XVI.
sieht einen akuten „Erziehungsnotstand“ in der heutigen Gesellschaft. Kindern und
Jugendlichen grundlegende Werte zu vermitteln, stelle jede erzieherische Einrichtung
vor zunehmende Schwierigkeiten, erklärte Benedikt gestern Abend bei der Eröffnung
der Diözesan-Vollversammlung des Bistums Rom in der Lateranbasilika. In Familie und
Schule gehöre dies zur täglichen Erfahrung, so Papst Benedikt:
„Wir können
hinzufügen, dass es sich um einen unvermeidlichen Notstand handelt: In einer Gesellschaft
und einer Kultur, die allzu oft dem Relativismus Glauben schenkt, ja in der der Relativismus
zum Dogma wird, fehlt mit der Zeit das Licht der Wahrheit. Im Gegenteil, es muss als
gefährlich erachtet werden, in einem solchen Kontext von Wahrheit zu sprechen, denn
das wäre autoritär. Am Ende zweifelt man in einer solchen Gesellschaft an der Güte
des Lebens und an der Gültigkeit der Beziehungen und Verbindlichkeiten, die sie mit
sich bringen.“
Diese Situation sei unbefriedigend und vernachlässige das
essentielle Ziel der Erziehung, so Benedikt XVI.: Die Entfaltung des Menschen, ein
erfülltes Leben zu leben, um seinen Beitrag zum Gemeinwohl leisten zu können. In der
Erziehung und der Ausbildung des Glaubens müsse sich die Kirche darüber im Klaren
sein, dass der erzieherische Appell „eine Begegnung mit der Freiheit“ sein müsse:
„Diese Begleitung hat greifbar zu machen, dass unser Glaube nichts Vergangenes
ist, sondern heute gelebt werden muss, und dass wir unser Wohl finden, indem wir den
Glauben leben. Auf diesem Weg kann den Jugendlichen geholfen werden, sich von den
verbreiteten Vorurteilen zu lösen. Sie können sich bewusst werden, dass der christliche
Lebensstil realisiert werden kann und dass er vernünftig, ja auf lange Sicht sogar
der vernünftigste ist.”
Gerade die Massenmedien verbreiteten
eine Mentalität, die von Relativismus, Konsumismus und einer „Entweihung von Körper
und Sexualität“ gekennzeichnet sei, so Benedikt. Aus diesem Grund sei die Präsenz
christlicher Gemeinschaften und ihr erzieherischer Einsatz unerlässlich. Familie und
Schule spricht Benedikt dabei eine besondere Verantwortung zu.
„Viele Familien
sind mit dieser Aufgabe überfordert. Es fehlen auch nicht jene, die uninteressiert
oder der christlichen Erziehung ihrer Kinder abgeneigt erscheinen. Auch hier zeigen
sich die Folgen von vielen Ehen in der Krise. Aber nur selten trifft man Eltern, denen
im Hinblick auf die menschliche und moralische Erziehung ihrer Kinder alles gleichgültig
scheint, oder die unwillig sind, sich bei der Erziehungsarbeit helfen zu lassen, die
sie als immer schwieriger empfinden.“
Benedikt endete mit dem Wunsch, den
Blick auf die Berufungspastoral zu lenken und für die Mission der Kirche zu beten.
Auch wenn die Diözese Rom in den letzten Jahrzehnten eine hohe Zahl von Priesterweihen
und Ordensberufungen zu verzeichnen habe – die jüngsten Signale seien weniger positiv.
Dies müsse der gesamten Diözese zum Ansporn dienen, in sanfter, respektvoller, gleichzeitig
aber mutiger Weise zur Nachfolge Christi einzuladen. (rv 12.06.2007 sis)