Auch wenn sich das
Treffen der G8-Staaten keinen „Heiligenschein“ verdient habe – es war auch kein „Scheinheiligendamm“.
Mit diesem Wortspiel kommentierte der Hamburger Erzbischof Werner Thissen gestern
Abend die Beschlüsse des G8-Treffens in dem Ostseebad. Aus den sehr allgemeinen Erklärungen
müssten nun konkrete Schlüsse gezogen werden, erklärte der für Misereor zuständige
Erzbischof. Gerade bei den entwicklungspolitischen Versprechen fällt die Bilanz des
Treffens doch sehr dürftig aus, erklärt der G8-Experte von Misereor, Georg Stoll.
Für Aidsbekämpfung wollen die reichsten Länder der Welt 60 Milliarden Dollar zur Verfügung
stellen – ein Spiel mit großen Zahlen, so Stoll, denn:
„Es wird nicht genannt,
in welchen Zeitraum diese 60 Milliarden gezahlt werden sollen. Es ist natürlich ein
erheblicher Unterschied, ob das fünf oder zehn Jahre sind. Es wird nicht gesagt, ob
diese 60 Milliarden zusätzlich oder einfach aus ohnehin geplanten Entwicklungshilfegeldern
bestritten werden. Auch das ist natürlich ein ganz erheblicher Unterschied. Das ist
etwas, was NGO’s zunehmend ungeduldiger werden lässt, wenn man ein bisschen den Eindruck
hat, die Öffentlichkeit wird an der Nase herumgeführt, in der Hoffnung, in ein zwei
Wochen nach diesem Gipfel ist das alles wieder vergessen und dann schaut keiner mehr
genauer hin.“
Die Kirche hat sich vorgenommen, beim diesem Spiel nicht
mit zu machen, erklärt Georg Stoll:
„Wir werden die G8 beim Wort nehmen,
das heißt, wir werden dieses Abschlussdokument, das ja sehr groß ist, aufmerksam lesen
und was an Erklärungen darin steht ernst nehmen. Und werden die Politiker immer wieder
daran erinnern.“
Zufrieden zeigt sich Stoll beim Thema Klima – hier seien
unerwartete Fortschritte zu verzeichnen. Von daher müsse das G8-Treffen differenzierter
betrachtet werden. In einem Notensystem von „eins“ - sehr positiv, bis „sechs“ ungenügend,
würde der Experte den G8-Staaten folgendes Zeugnis ausstellen:
„Klima denke
ich eine „zwei“. Im Bereich der Zusagen für Entwicklungszusammenarbeit, da würde ich
schon eher sagen eine vier minus. Und was einige Detailaussagen angeht, zum Beispiel
die grundsätzliche Anerkenntnis, wie wichtig es ist, für die Bekämpfung von HIV, Malaria
und Tuberkulose signifikante Mittel zur Verfügung zu stellen – nun ja, eine drei bis
vier. Die Äußerung an sich ist wichtig, aber die Unverbindlichkeit zieht dann die
Note wieder nach unten.“ (rv 09.06.2007 sis)