Mit einem Gottesdienst
hat gestern in Köln der 31. Evangelische Kirchentag begonnen. Teilweise zeitgleich
zum G8-Gipfel wollen Deutschlands Protestanten u.a. über gerechte Weltwirtschaft,
Afrika, Klimaschutz und die Konflikte im Nahen Osten nachdenken. Weitere wichtige
Themen sind das Gespräch der Religionen und die Ökumene. Der Kölner Kardinal Joachim
Meisner hatte das Programm des Kirchentags im Vorfeld als "Leipziger Allerlei" (ein
in der früheren DDR populäres Gericht) kritisiert. Es sei dringend zu wünschen, dass
es trotz der "Fülle der Veranstaltungen" zu einer "Kölner Eindeutigkeit" komme, so
Meisner. Dem Kölner Domradio sagte er aber auch, er sei an einem Gelingen des Kirchentages
sehr interessiert. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers
erklärte nach der Auftakt-Veranstaltung des Protestantentreffens: "Er ist wie alle
Kirchentage ein Zeichen dafür, dass es Menschen in diesem Land gibt, denen es nicht
nur um Geld geht und um Materielles, sondern um Werte. Auch in diesem 21. Jahrhundert
können Christen einen wichtigen Beitrag zu einer menschlichen Gesellschaft leisten."
Zur Debatte über eucharistische Gastfreundschaft meint der katholische Politiker:
"Ich glaube, da ist ein falscher Eindruck entstanden. Die Christen wissen, was gemeinsam
geht und was nach wie vor die Konfessionen trennt. Und ich glaube, dass sie das gar
nicht so sehr als ein Defizit empfinden, wie das in der öffentlichen Debatte wirkt."
Vor
dem Missbrauch politischer und religiöser Gewalt warnten heute die evangelische Landesbischöfin
Margot Käßmann und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse auf dem Evangelischen
Kirchentag. Käßmann meinte, Macht sei eine große Versuchung. Dies hätten die Korruptionsaffären
der vergangenen Monate bei VW und Siemens gezeigt, aber auch die Doping-Skandale
bei den Radsportlern. Thierse warnte vor Überheblichkeit der Religionen. Es gebe im
Neuen Testament kein Argument für die Überlegenheit von Religion oder gar für religiösen
Fundamentalismus oder Triumphalismus. Jesus verweigere sich der Rolle des religiösen
Helden. Wenn sich politische und wirtschaftliche Macht zu nahe kämen, gerate auch
eine Demokratie in Gefahr, so der SPD-Politiker.