Papst Benedikt XVI. will der gesamten Kirche Gottesdienstfeiern nach dem vorkonziliaren
liturgischen Ritus erlauben. Das bestätigte Kurienkardinal Dario Castrillon Hoyos
am Mittwoch Abend bei einer Ansprache vor lateinamerikanischen Bischöfen in Aparecida.
Castrillon Hoyos ist an der Kurie für die Aussöhnung mit traditionalistischen Gruppen
zuständig, die eine Wiederzulassung der alten Messe fordern.
Der Papst habe
die Absicht, die Möglichkeit zur Feier der Heiligen Messe und der Sakramente nach
dem alten Ritus von 1962 auf alle Gläubigen auszudehnen, sagte der Kardinal. An dieser
Liturgie, die niemals abgeschafft worden sei, bestehe heute ein neues Interesse. Auch
aus diesem Grund denke der Papst, dass die Zeit gekommen sei, den Zugang zu dieser
Liturgie zu erleichtern und aus ihr „eine Sonderform des einen römischen Ritus zu
machen“. Dies sei kein Schritt zurück hinter die Liturgie-Reform von 1970. Vielmehr
wolle Benedikt XVI. der Kirche alle Schätze der lateinischen Messe zur Verfügung stellen,
die über Jahrhunderte das spirituelle Leben von Katholiken genährt hätten, sagte Castrillon
Hoyos. Er verwies auf „gute Erfahrungen“ mit einigen vom Heiligen Stuhl approbierten
Gemeinschaften, die „in Frieden und Gelassenheit“ nach dem alten Ritus zelebrierten,
wie etwa das Institut St. Philipp Neri in Berlin. Castrillon Hoyos leitet die
päpstliche Kommission „Ecclesia Dei“, deren Ziel es ist, den Anhängern des schismatischen
Erzbischofs Marcel Lefebvre sowie anderen traditionalistischen Gruppen die Rückkehr
in die kirchliche Gemeinschaft zu ermöglichen. Den Angaben des Kardinals zufolge handelt
es sich weltweit um 300 Priester, 79 Ordensmänner, 300 Ordensfrauen, 200 Seminaristen
und „mehrere hunderttausend Gläubige“. Besonders in Frankreich, den USA, Brasilien,
Italien, Skandinavien, Australien und China wachse das Interesse von Jugendlichen
am alten Ritus. Gottesdienste nach dieser Ordnung sind nach heutigem Stand nur mit
Sondergenehmigungen möglich. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil löste die Kirche
die jahrhundertelang übliche Form des katholischen Gottesdienstes in lateinischer
Sprache, bei der der Priester mit dem Rücken zur Gemeinde steht, durch eine modernere
Gottesdienstgestaltung und den Gebrauch der Landessprache ab. Beobachter rechnen
seit mehreren Monaten mit einer offiziellen Anweisung des Papstes zur vorkonziliaren
Messordnung. (rv 17.05.2007 gs)