Papst Benedikt XVI.
hat in Sao Paolo am Sonntag Abend seine Lateinamerika-Reise beendet. Das Sonntagnacht
in Sao Paulo gestartetePapstflugzeug landete am Montagmittag gegen 12.30 Uhr auf dem römischen
Flughafen Ciampino. Von dort begab sich der Papst unmittelbar in seinen nahe gelegenen
Landsitz Castelgandolfo, um sich zu erholen. Verabschiedet wurde der Papst in
Sao Paolo vom brasilianischen Vize-Präsidenten; in seiner Abschlußrede sprach Benedikt
von "intensiven und unvergeßlichen Stunden", die er in Brasilien verbracht habe. Er
bedankte sich für "den Enthusiasmus und die Frömmigkeit" der Lateinamerikaner, denen
er begegnet sei. Der "Kontinent der Hoffnung" habe seinen Glauben an Christus und
seine Liebe zum Papst unter Beweis gestellt.
Unser Korrespondent, Dominikanerpater
Max Cappabianca, schickte uns aus Sao Paolo sein Resümee dieser Papstreise.
Es
lief besser als gedacht, wird sich auch mancher im päpstlichen Gefolge gedacht haben,
nachdem die Alitalia-Maschine den Flughafen von Sao Paulo verlassen hatte, um Benedikt
XVI. wieder nach Hause zu fliegen. Aber galt dieses positive Resümee nicht schon für
die erste Reise und die Begegnung Benedikts mit einer Million Jugendlichen beim Weltjugendtag
in Köln oder noch viel mehr für seine schwierige Reise in die Türkei? Benedikt kommt
auf seine Weise an – auch hier im temperamentvollen Brasilien, wo die Erinnerung an
den charismatischen Papst Johannes Paul II. noch sehr lebendig ist. Die Menschen
in Brasilien empfingen den Papst herzlich – und dieser zeigte sich zugänglich und
ließ sich immer wieder von der brasilianischen Fröhlichkeit anstecken. Gleichzeitig
signalisierte Benedikt in seinen Ansprachen Festigkeit in der Sache – das vermittelte
Sicherheit und ließ seine Wortmeldungen inmitten aller Verunsicherung zu einem Orientierungspunkt
werden. Spürbar war: dem Papst sind die Sorgen und Nöte der Menschen in Brasilien
und ganz Lateinamerika nicht gleichgültig, gleichwohl er selber noch zu Beginn der
Reise gesagt hatte, dass sein Pontifikat bisher eher von Problemen in anderen Teilen
der Welt geprägt gewesen sei, wie zum Beispiel im Nahen Osten. In Sao Paulo und Aparecida
wurde deutlich: Der Kontinent Lateinamerika – auf dem ein Drittel aller Katholiken
weltweit leben – liegt dem Papst am Herzen. Benedikt ging daher differenziert auf
die politischen, sozialen und wirtschaftlichen auf der einen Seite und auf die kirchlichen
Probleme auf der anderen Seite ein. Oppositionen vergangener Zeiten haben an Bedeutung
verloren: Es geht in Lateinamerika nicht mehr um links oder rechts innerhalb der Kirche.
Die Befreiungstheologie ist nicht mehr der vermeintliche Angstgegner konservativer
Kreise der vatikanischen Kurie, wie gerne von manchen dargestellt, die Option für
die Armen ist auch für den Benedikt XVI. in der Mitte des Glaubens angesiedelt. Es
geht um den Gottesglauben selbst: Und hier erscheint der ganz eigene Akzent des Theologenpapstes
aus Deutschland: Nur wenn die Substanz des Glaubens gewahrt bleibt, hat die Kirche
eine Zukunft. Sein Rezept ist daher nicht in erster Linie dieses oder jenes politische
Programm, sondern die Rückbesinnung auf den Kern christlicher Existenz. Nach dem
Besuch Benedikts ist ebenso klar, dass der Kampf gegen das grassierende Sektenproblem
keine Frage von Strategien ist, sondern von Glaubwürdigkeit: Die Bischöfe müssen ihre
Aufgabe als Hirten und Lehrer des Glaubens wahrnehmen, das sakramentale Leben als
Mitte kirchlichen Lebens schützen und die Laien dazu befähigen, Verantwortung zu übernehmen
und lauter als vielleicht bisher ihre Stimme in der öffentlichen Wertedebatte zu erheben.
Die Kirche muss den suchenden Menschen wirklich Heimat bieten und ihren missionarischen
Charakter wiederentdecken. Papst Benedikt bezog aber auch überraschend klar Stellung
zu politischen Fragen, zur Umweltpolitik im Amazonasgebiet, zur Drogenproblematik,
zur Notwendigkeit einer ethisch geleiteten Globalisierung und zum Demokratisierungsprozess
in den von früheren Diktaturen geprägten Ländern. Welche Wirkung wird die Reise
haben? Es steht zu hoffen, dass bei der Versammlung in Aparecida die versammelten
Bischöfe Lateinamerikas den Faden aufgreifen werden, einen innerlichen Reinigungsprozess
der Kirche initiieren und die Kräfte bündeln, damit die Christen auf dem „Kontinent
der Hoffnung und der Liebe“ der Kirche aus jener von Benedikt beschworenen geistlichen
Mitte heraus neue Vitalität verleihen. (rv 14.05.2007 mc)