Halbzeit des Pastoralbesuchs
Benedikts in Brasilien – der ersten Interkontinentalreise des Papstes. Ein erstes
Resümee zieht unser Korrespondent vor Ort, P. Max Cappabianca OP:
Der Einstieg
ist gelungen – trotz des verregneten Beginns und manchmal vielleicht übertriebenen
Sicherheitsmaßnahmen hat es der Papst aus Deutschland geschafft, mit der brasilianischen
Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Selbst die „Medienwellen“ rund um die Äußerungen
des Papstes zur mexikanischen Abtreibungsdiskussion auf dem Hinflug konnten die öffentliche
Stimmung in Brasilien nicht dominieren. Menschenmassen auf den Straßen überall, wo
das Papamobil vorbeifährt – immer wieder musste sich Benedikt auf dem Balkon seiner
Unterkunft im Benediktinerkloster zeigen.
In seinen Ansprachen setzte Benedikt
unterschiedliche Akzente. Am Donnerstagabend wollte Benedikt den Jugendlichen im Fußballstadion
von Sao Paulo offenbar vor allem Mut machen und moralisch den Rücken stärken. „Vergeudet
Eure Jugend nicht“ – das saß! Bleibt angesichts der gesellschaftlichen Probleme nicht
passiv, gebt selber den Glauben weiter! Wie schon beim Weltjugendtag in Köln zeigt
Benedikt, dass er auf die Jugend setzt, sie ernst nimmt und in die Verantwortung zieht.
Die Heiligsprechung frei Galvaos am Freitagmorgen war eine Demonstration der
Vitalität der brasilianischen Katholiken. Es war „ihr“ Heiliger, es war „ihre“ Musik,
„ihre“ Art, Gottesdienst zu feiern. Und Papst Benedikt nahm den Faden auf, er begeisterte
die Menschen und blieb aber zugleich seinem Verständnis christlicher Verkündigung
treu, indem er auf die grundlegenden Wahrheiten des Glaubens hinwies. Die Probleme
des Landes hat er nicht verschwiegen – Armut, soziale Ungerechtigkeit, Angriffe auf
die Familie und die moralischen Grundlagen der Gesellschaft. Aber es bleibt für Benedikt
außer Frage, dass jeder Einsatz für den Nächsten aus lebendigem Glauben erwächst und
vom sakramentalen Leben der Kirche genährt wird. Ein Heiliger wie frei Galvao ist
hier die Art „revolutionäres Vorbild“ die der Papst schätzt.
Klar mahnenden
Charakter hatten die Worte Benedikts in der „Catedral da Sé“ – hier wandte er sich
nicht an die Bevölkerung, sondern an die Mitglieder der brasilianischen Bischofskonferenz,
der größten Konferenz der Welt. Sektenproblematik, Mängel in der Glaubensunterweisung,
liturgische Missstände, Ideologisierungen auch innerhalb der Kirche… Die Worte waren
präzis, aber sie konnten vielleicht auch etwas hart wirken; jedenfalls wurde deutlich,
dass Benedikt die Verantwortung für nicht wenige Probleme bei der Kirche selber sieht.
Offenbar wollte der Papst die Verantwortlichen wachrütteln und die Bischöfe in die
Pflicht nehmen, um mit neuem Elan an der Erneuerung der Kirche mitzuarbeiten.
Es
ist abzusehen, dass Papst Benedikt XVI. die Ansprache in Aparecida zur Eröffnung
der fünften Konferenz der Bischöfe Lateinamerikas und Karibik dazu nutzen wird der
ganzen Kirche Südamerikas einen neuen missionarischen Impuls zu geben. (rv 11.05.2007
mc)