2007-05-11 22:50:26

B: An Bischöfe und Politiker: „Für Gemeinwohl arbeiten, nicht für Profit“


RealAudioMP3 „In der politischen Klasse und unter den Unternehmern muss ein unverfälschter Geist der Wahrhaftigkeit und der Ehrlichkeit geschaffen werden.“
So die Worte Benedikts beim Treffen mit den brasilianischen Bischöfen. Kirchenvertreter und Gläubige hatten sich klare Worte vom Besuch des Papstes erhofft, sie haben sie bekommen. Papst Benedikt hat Kirche und Politik zur Verantwortung für die Armen gerufen.
„Wer eine führende Rolle in der Gesellschaft übernimmt, muss sich darum bemühen, die sozialen Konsequenzen der eigenen Entscheidungen vorauszusehen, die direkten und indirekten, die kurzfristigen und die langfristigen. Er muss für das höchstmögliche Gemeinwohl arbeiten, anstatt seine persönlichen Profit zu suchen.“
Kurz nach 16 Uhr Ortszeit in Sao Paolo, also 21 Uhr unserer Zeit, erreichte Papst Benedikt XVI. die Kathedrale im Herzen der Altstadt Sao Paolos. Der Dom ist eine der fünf größten gotischen Kirchen weltweit. Dort empfing ihn der Episkopat Brasiliens, rund 430 Bischöfe und Kardinäle waren gekommen, die Bischofskonferenz Brasiliens ist die drittgrößte der Erde.
Benedikt XVI. sprach von „uns Bischöfen“ und wandte sich an „die lieben Brüder im Episkopat“. Eine kollegiale Ansprache also, die nicht frei war von Ermahnungen und konkreten Aufträgen:
„Wo man Gott und seinen Willen nicht kennt, wo es den Glauben an Jesus Christus und seine Gegenwart in den Feiern der Sakramente nicht gibt, fehlt das Wesentliche auch für die Lösung der dringenden sozialen und politischen Probleme.“
Kirche und Gesellschaft stünden vor großen Problemen; der Papst griff die zentralen Fragen vergangener Ansprachen wieder auf, erhob bildlich gesprochen den Zeigefinger zum Schutz der Ehe, der Menschenwürde und des priesterlichen Zölibats.
„Wenn im Schoß der Kirche der Wert des priesterlichen Auftrags als vollkommene Hingabe an Gott mittels des apostolischen Zölibats in Frage gestellt wird, der die vollkommene Bereitschaft zum Dienst an den Seelen bedeuten soll, und man den ideologischen, politischen - auch parteipolitischen - Fragen den Vorzug gibt, dann beginnt die Struktur der Weihe an Gott ihre tiefste Bedeutung zu verlieren.“
Die Zahl der Katholiken in Brasilien sinkt, prozentual betrachtet ist das Land schon nicht mehr das katholischste weltweit. Dazu der Papst:
„Es scheint klar, dass die erste Ursache - unter anderen - dieses Problems auf das Fehlen einer Evangelisierung zurückzuführen ist, in der Christus und seine Kirche im Zentrum jeder Erklärung steht. Die Personen, die dem aggressiven Proselytismus der Sekten - der zu Recht Grund zur Sorge gibt - am schwächsten gegenüber stehen, und nicht in der Lage sind, dem Ansturm des Agnostizismus, des Relativismus und Laizismus zu widerstehen, sind in der Regel Getaufte, die nicht genügend im Evangelium unterwiesen wurden, die leicht zu beeinflussen sind, weil sie einen zerbrechlichen Glauben haben, der manchmal auch verworren ist, schwankend und naiv, auch wenn sie eine ursprüngliche Religiosität besitzen.
Es gibt kein zurück hinter die „Option der Armen“, der Papst müsse das gerade jetzt in Brasilien deutlich machen, hatte der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner gefordert. Den Begriff, der schließlich in die Befreiungstheologie eingegangen war, hatte Benedikt nicht auf den Lippen. Aber:
„Wenn die Menschen, denen ihr begegnet, in Armut leben, muss man ihnen helfen, so wie es die ersten christlichen Gemeinden gemacht haben, man muss Solidarität leben, damit sie sich wirklich geliebt fühlen. Die arme Bevölkerung an den Stadträndern oder auf dem Land muss die Nähe der Kirche spüren, sei es in der Hilfe der dringendsten Notwendigkeiten, sei es in der Verteidigung ihrer Rechte und der gemeinsamen Anstrengung für eine Gesellschaft, die auf Gerechtigkeit und Frieden gründet.“
Erziehung im Glauben sei unabdingbar, das gelte aber auch für die persönlichen wie sozialen Tugenden des Christen. Bischöfen wie Katecheten legte er den Katechismus der Katholischen Kirche und sein Kompendium ans Herz. Dann erhob er wieder den Zeigefinger, wieder ohne Namen oder konkrete Konfliktfälle der Vergangenheit zu nennen. Benedikt sagte schlicht und fast nebenbei:
„Vor allem, weil Glauben, Leben und Feier der Heiligen Liturgie als Quelle des Glaubens und des Lebens untrennbar voneinander sind, braucht es eine korrektere Anwendung der Prinzipien des II. Vatikanischen Konzils. … Den Gehorsam der Bischöfe … gegenüber den liturgischen Normen wiederentdecken und wertschätzen bedeutet von der Kirche selbst Zeugnis geben, der einen und universalen, die in der Liebe leitet.“
Mehr Qualität im Glauben forderte Benedikt. Der Bischof habe Autorität und Pflicht, den Glauben zu bewahren, könne zur Auslegung mit Theologen zusammenarbeiten.
„Es reicht nicht, die Realität vom Glauben ausgehend zu betrachten; es ist nötig, mit dem Evangelium in der Hand zu arbeiten und von Herzen verbunden mit dem authentischen Erbe der Apostolischen Tradition, ohne Interpretationen, die von rationalistischen Ideologien motiviert sind.“
Ein Wort zur Ökumene, die stets „Suche nach Einheit“ sei, die Ermahnung zur Zusammenarbeit bei der Verteidigung der Grundwerte in einer relativistischen und konsumorientierten Kultur. Der Papst zitierte an einer Popolorium Progressio, die erste Sozialenzyklika zur Entwicklungsproblematik und formulierte treu dieser Tradition und angesichts der gespaltenen Realität der brasilianischen Gesellschaft seinen Schlussappell:
„Eine Vision der Wirtschaft und der sozialen Probleme, die von der Soziallehre der katholischen Kirche ausgeht, lässt die Dinge immer aus Sicht der Menschenwürde sehen, die das schlichte Spiel der ökonomischen Fakten übersteigt. Man muss also unermüdlich für die Bildung der Politiker arbeiten, wie auch für die aller Brasilianer, die eine bestimmte Entscheidungsmacht, sei sie nun groß oder klein, haben, und ganz allgemein für die aller Mitglieder der Gesellschaft, so dass sie ihre eigene Verantwortung voll und ganz wahrnehmen und der Wirtschaft ein menschliches und solidarisches Gesicht geben.“
(rv 11.05.2007 bp)








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