Aparecida - ein kleines
Örtchen, rund 170 Kilometer von Sao Paulo entfernt - ist das eigentliche Ziel der
fünften Pastoralreise Benedikts XVI. Hier eröffnet der Papst die fünfte Konferenz
der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik. Für die Brasilianer ist Aparecida aber
vor allem ein Ort der Gnade: Es ist der größte Wallfahrtsort des Landes. Pater Max
Cappabianca war für uns vor Ort:
Das Herz des Heiligtums ist eine Schwarze
Madonna – „Nossa Senhora de Aparecida“ oder einfach „Nossa Mae“. Zur „ihrer Mutter“
strömen Jahr für Jahr fast acht Millionen Gläubige aus ganz Brasilien – doppelt so
viele wie in Lourdes. Es sind einfache Menschen, die hier Trost und Stärkung suchen,
besonders Indios und die Nachkommen afrikanischer Sklaven.
Seit gut 100 Jahren
wird die Wallfahrt von Redemptoristenpatres geleitet. Pater Luis Carlos de Oliveira
ist einer von ihnen, er arbeitet als Beichtvater und Seelsorger an der Basilika. In
Aparecida kann man die Seele Brasiliens erleben, sagt Pater Luis:
„Hier wird
wirklich gefeiert. Denn dafür kommen die Menschen. Besonders am Sonntag, da haben
wir ganz viele Messen. Im Januar haben wird gedacht, dass keiner kommt, das ist die
Ferienzeit hier. Aber in den Tagen waren wirklich unglaublich viele Menschen hier:
Beichten ohne Ende: Das war ziemlich hart!“
40.000 Menschen fasst die Basilika
an der seit 50 Jahren gebaut wird. Geweiht wurde sie 1980 durch Papst Johannes Paul
II. Vier Jahre später erklärte die Brasilianische Bischofskonferenz die Kirche zum
Nationalheiligtum. Das portugiesische Wort "Aparecida" bedeutet übersetzt "Die Erschienene"
– denn: 1717 sollen Fischer die Schwarze Madonna aus einem Fluss gezogen haben. Zunächst
den Rumpf, dann auch noch den Kopf. Nach diesem Fund machten die Fischer reichen Fang,
nachdem sie zuvor stundenlang leer ausgegangen waren.
Pater Luis bewahrt in
der Sakristei eine Kopie der Statue auf – sie wird für die zahlreichen Prozessionen
gebraucht:
„Das ist Frau der Apokalypse, hier der Mond. Interessant ist das
Kleid. Man sagt, dass das die Kleidung der Leute im 17. Jahrhundert ist. Dann die
Blumen in den Haaren, ein Diadem. Was sehr interessant ist:“
Die Statue ist
einfach geschnitzt – „Nossa Mae“ hat ein gütiges Gesicht:
„Schauen Sie hier:
Sie hat lange Haare. Der Körper ist dunkel wie bei den Indios, und das Gesicht ist
hell. Das Original zeigt noch besser, dass sie lächelt.“
1979 dann der Schock
für die Gläubigen: Ein Angriff auf die Madonna…
„Jemand hat damals versucht,
die Figur zu klauen – und sie ist in 170 Teile zerbrochen. Gerade das ist intakt geblieben,
auch das Gesicht ein bisschen. Das ist ein sehr starkes Zeichen gewesen. Papst Johannes
Paul II. hat gesagt, als er im Juli 1980 gekommen ist: die Muttergottes betet weiter
für uns.“
Dass die Fürsprache der Muttergottes wirkmächtig ist, sieht man an
den Votivgaben in Wachs, die man in Aparecida erstehen kann: nachgebildete Körperteile:
Herzen, Mägen, Brüste. Für die Gebete der Pilger stehen riesige Kerzen, die in einer
Kapelle der Basilika brennen.
Es ist ein sehr „weibliches“ oder „mütterliches“
Heiligtum: zahlreiche Frauen beten hier, auch am Kirchenbau kann man das ablesen.
P. Luis zeigt einen „Frauen-Fries“ an einer Empore der Basilika und weist besonders
auf die Gestalt ganz rechts hin: Es ist Dorothy Stang, die amerikanische Ordensfrau,
die von interessierten Kreisen umgebracht wurde, weil sie sich für die Ureinwohner
des Regenwalds im Amazonas eingesetzt hat:
„Ja sie ist die letzte, das Mosaik
war eigentlich schon fertig. Dann haben wir gesagt: Schnell, warum fügst Du sie nicht
noch hinzu? Und so kam sie dann gleich nach ihrem Tod noch dahin! Hier sind nur Frauengestalten,
Teresa von Avila, aber eben auch Heilige unserer modernen Zeit.“
Aparecida
– ein Ort der Gnade und der Gottesbegegnung für die Menschen Brasiliens: Es war
ein persönlicher Wunsch Benedikts XVI., dass die für das Leben der lateinamerikanischen
Kirche so wichtige Konferenz hier stattfindet: Unter dem Schutz von „Nossa Mae”,
„Unserer Lieben Frau von Aparecida“. (rv 11.05.2007 mc)