2007-05-10 09:42:51

Papst in Sao Paolo - 10. Mai. Alles auf einen Klick.


RealAudioMP3 Programm des Papstes

Nach seinem Gespräch mit dem brasilianischen Präsidenten trifft Papst Benedikt im Kloster Sao Bento in Sao Paulo mit Repräsentanten unterschiedlicher Religionen zusammen. Danach ist ein Mittagessen mit dem Vorstand der brasilianischen Bischofskonferenz geplant, kurz CNBB. Die Bischofskonferenz tagte vom 01.-09. Mai in Campinas zum Thema „Auf dem Weg zur Konferenz in Aparecida“. Die brasilianischen Bischöfe haben sich also auf Sonntag bestens vorbereitet: Dann wird Papst Benedikt in Aparecida die fünfte „Bischofskonferenz der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik“ eröffnen.
Nach diesem Mittagessen nimmt sich der Papst kurz Zeit, um den Gouverneur des Bundesstaates Sao Paulo, den Bürgermeister sowie den emeritierten Erzbischof von Sao Paulo, Kardinal Paulo Evaristo Arns zu treffen; außerdem begrüßt er die Mitarbeiter, die den Papstbesuch in Brasilien vorbereitet haben.
Am Abend, gegen 17.50 Uhr brasilianischer Zeit, fährt Papst Benedikt nach Pacaembu. Dort ist ein Treffen mit Jugendlichen geplant. Im Stadion, in dem rund 40 tausend Menschen Platz haben, wurden Großbildleinwände aufgebaut, damit weitere 30.000 Jugendliche den Papst per Bildschirm begleiten können: Ein Großereignis. Die Veranstaltung steht unter dem Motto: „Jugendliche – Jünger und Missionare Jesu Christi“. Odilo Scherer, der designierte Erzbischof von Sao Paulo, wird die ersten Begrüßungsworte an Papst Benedikt richten.

 
"Die Höhepunkte kommen noch"

Brasilianische Rhythmen, Flaggen und Menschenmengen - von all dem war bei den ersten Schritten Benedikts XVI. auf lateinamerikanischem Boden gestern Abend nichts zu sehen. Auf dem Fernsehschirm wirkte der Empfang für Papst Benedikt auf dem internationalen Flughafen durch Inacio Lula da Silva außerordentlich aseptisch - da wurden keine Hymnen gespielt, da standen keine jubelnden Menschen. Das widerspricht jedem Brasilien-Klischee, meint Gudrun Sailer. Sie fragte unseren Korrespondenten, Pater Max Cappabianca: Wie war der Empfang denn nun wirklich?
„Es stimmt, dass auf dem Internationalen Flughafen der Empfang nicht so war, wie wir das gewohnt sind. Aber das hing zum einen damit zusammen, dass das Wetter so schlecht war. Daher wurde ganz unkompliziert die Zeremonie abgekürzt. Zum anderen war von vorneherein geplant, dass die Menschen ,ihren’ Papst auf dem Weg in die Stadt sehen. Er ist ja dann am Balkon des Benediktinerklosters erschienen – da war die Stimmung schon toll: Trotz Regen! "
Sind die Menschen neugierig auf den europäischen Papst, bringen sie ihm einen Vorschuss an Wohlwollen entgegen?
„Auf jeden Fall – der Papst ist für sie eine Vaterfigur und sie rechnen ihm hoch an, dass er bei einer seiner ersten Reisen ausgerechnet hierher kommt! Ich denke, die Begegnung heute Abend mit den Jugendlichen wird da eine ganz wichtige Sache. Und die Heiligsprechung morgen ist für die Menschen wirklich so etwas wie ein Geschenk: Der erste in Brasilien geborene Heilige! Einer von uns, sagen die Menschen. Das finden die Leute toll!“
Heute Abend kommt es ja zu einem ersten Höhepunkt dieser Reise: Papst Benedikt trifft Jugendliche im Fußballstadion im Stadtteil Pacaembu. Ist das ein programmierter Erfolg?
„Es wird insofern ein ,programmierter Erfolg’, als hier die brasilianische Kirche zeigen kann, wie jung sie ist! Die Jugend ist die Zukunft – sie bestimmt, wie es weitergeht. Und dass sie Lust am Leben, Lust am Glauben haben und Lust an einer gerechteren Welt mitzuarbeiten, das wird heute Abend sicher auch den Papst beeindrucken!“
(rv 11.05.2007 mc/gs/bp)
 
Porträt: Die Kirche in Brasilien

Brasilien – die meisten denken an Zuckerhut und Samba. Die Wahrheit ist: Brasilien ist ein Land der Gegensätze, Reichtum und Armut prallen hier wie nirgendwo aufeinander - trotz steigender Wirtschaftskraft als Schwellenland hat das Land mit vielen sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Unser Korrespondent Pater Max Cappabianca OP zur Situation der Kirche in dem Land:

„Die Befreiungstheologie ist am Ende“. Ein falsches Urteil, denn trotz wiederholter vatikanischer Interventionen gegen Theologen wie Leonardo Boff oder dem Sektenproblem: Die Kirche versteht sich weiterhin als Anwältin der Armen. Bischöfe, Priester, Katechisten und Laien – sie alle kämpfen für eine gerechtere Welt aus christlichen Werten. Anders als in Europa sind hier die Härten des kapitalistischen Systems nicht gemildert durch einen funktionierenden Sozialstaat. Das erklärt, warum in der Vergangenheit auch militante kommunistische Bewegungen so viel Erfolg haben konnten. Die Kirche war schon immer auf Seiten der Armen, sagt der aus der Schweiz stammende Bischof Cristian Kropf. Der Sankt Gallener ist seit über vierzig Jahren in Brasilien, vor 27 Jahren wurde er erster Bischof von Jequié im Nordosten Brasiliens.

„In Brasilien hat sich die Kirche sehr stark eingesetzt - im Rechtsbereich, aber auch durch Hinwirken auf Strukturveränderungen. Das Ziel war mehr Gerechtigkeit, gegen Ausbeutung der Arbeiter. Brasilien hat der brasilianischen Bischofskonferenz einiges zu verdanken, vor allem in der Zeit des Militärregimes, wo die Kirche noch das Sprachrohr war von Leuten, die nicht mehr offen die Zustände kritisieren konnten, weil sie ansonsten eingesperrt worden wären. Bischöfe konnten sie nicht so gut einsperren!“

Inzwischen ist auch Brasilien auf dem Weg der Demokratisierung – aber Veränderungen müssen tiefer greifen, meint der Bischof.

„Ich sage: Zu einer solchen Gesellschaft kommt man nicht mit einer Revolution, nicht durch Proteste gegen die Globalisierung, gegen Kapitalismus, gegen Neoliberalismus! Der Weg dazu ist der Weg der Bildung, der Ausbildung, der persönlichen Bildung! Ich dränge immer drauf, dass wir nur ein besseres Brasilien haben durch bessere Brasilianer, dass wir nur eine bessere Welt haben mit besseren Menschen!“

Am meisten hat die Kirche mit den Sekten zu kämpfen. Der Katholikenanteil ist von 90 auf mittlerweile unter 70 Prozent gesunken. Ein „Instant-Glauben“ wird in den Sekten geboten, Opium für das Volk, oft verbunden mit handfesten wirtschaftlichen Interessen. Zwar wenden sich die Menschen mittlerweile auch wieder ab - über 30 Prozent der Sektenanhänger sagen, sie fühlten sich betrogen. Doch das Problem bleibt, weil die Kirche es oft nicht schafft, die Menschen an sich zu binden. Bischof Krapf:

„Brasilien hat eine große Reserve an Glauben... manchmal allerdings nicht rational genug, es fehlt an religiöser Bildung. Das hat zum Teil mit einer defizitären Schulbildung zu tun. Andererseits ist der Kirchenbesuch relativ schlecht, allerdings wird er besser. In unserer Gegend haben wir fast in jeder Pfarrei Kirchen gebaut - und die sind voll. Andererseits geht die katholische Kirche rein zahlenmäßig zurück, und man muß schon sagen, die meisten Katholiken nehmen wenig an der Messe teil.“

Dennoch hat die Kirche für die Zukunft eine wichtige Aufgabe, meint Bischof Krapf. Die „Option für die Armen“, das Leben mit den Unterdrückten teilen – das sei entscheidend. Und dafür müssten auch die Strukturen gestärkt werden:

„Manchmal werde ich gefragt, warum ich soviel Wert auf die Priesterausbildung lege - ich sollte doch mehr in sozialer Richtung tun. Die erste Antwort ist, dass ich mit der Ausbildung eines Priesters, der wirklich seine Pflicht erfüllt, auch in materieller Hinsicht und in sozialer Hinsicht mehr leistet, als wenn ich das Geld, das die teure Ausbildung eines Priesters kostet, direkt an die Armen verteilen würde. Die Regierung verteilt ja bereits die Almosen, aber das ist nicht die Lösung. Die Menschen brauchen keine Almosen, die Leute brauchen Arbeit!“

Und das geht nicht nur die Kirche in Brasilien an, sondern auf der ganzen Welt! Entscheidend sei, so Dom Cristiano:

„…dass wirklich die Menschheit irgendwie dazu kommen muss, dass die Reichen etwas von Ihren Privilegien hergeben. Das ist - sagen wir mal - das christliche Rezept. Das kommunistische Rezept ist, die Armen zu organisieren und sich das zu nehmen, was ihnen eigentlich gehört: Gott hat die Welt nicht für ein paar privilegierte Klassen geschaffen. Aber da lautet doch die Frage, wie kommt man dazu?“
(rv 10.05.2007)

 
"Das wird gewaltig!"

Lateinamerika steht vor gewaltigen Problemen - eines davon ist der Drogenhandel. Sao Paolo und Rio de Janeiro sind die größten Umschlagplätze des Subkontinents. Mit den entsprechenden Folgen: Kriminalität, Bandenkämpfe und zunehmende Verelendung von Millionen Armer in den Favelas. Die „Fazenda da Esperanza“ (Hof der Hoffnung), 1979 von dem deutschen Franziskaner Hans Stapel gegründet, will ein Gegenentwurf sein. Hier finden Jugendliche einen Ort, die von der Droge loskommen wollen und nach einem ersten Entzug lernen, wieder mit ihrem Leben umzugehen. Papst Benedikt wird am Samstag, den 12. Mai, die Fazenda besuchen. Pater Max Cappabianca hat vor Ort mit dem aus dem Bistum Paderborn stammenden Franziskaner Frey Hans Stapel gesprochen.
  Wenige Tage noch, dann ist der Papst auf der Fazenda da Esperanza. Was bedeutet dieser Besuch für die Menschen hier?
„Das ist schwer zu sagen. Ich hab` den Eindruck, jeden Tag begreifen sie mehr, was das ist, denn für viele ist der Papst einfach unvorstellbar. Jetzt sehen sie die vielen Fernsehleute, die kommen: Sie merken, das ist etwas sehr Wichtiges. Viele haben geweint vor Freude, als sie hörten, dass der Papst kommt. Einer sagte mir, als ich ihn fragte, warum weinst du: ,Ich war ein Leben lang nur ein schwarzes Schaf, nie war ich etwas wert, ich habe alles falsch gemacht in meinem Leben - und jetzt kommt der Papst und besucht mich.’ Das ist unvorstellbar! Es ist einfach so etwas Gewaltiges, denn er ist das erste Mal in Brasilien, das erste Mal in Lateinamerika, und er hat tausend Einladungen. Und er kommt hierhin zu den Ausgeschlossenen, zu denen, die viele einfach nicht sehen wollen und beschimpfen. Und jetzt kommt der Papst und besucht sie und nimmt im Grunde diese Haltung des Vaters ein, der den verlorenen Sohn umarmt und ihm die Würde wieder schenkt! Das ist etwas Gewaltiges! Ich bin stolz auf den Papst, dass er das tut.“
Was wird von diesem Treffen bleiben?
„Zunächst einmal all das, was wir jetzt machen! Der Papst nimmt nicht die Kirche mit, die Häuser, die Straße. Endlich haben wir Asphalt, wir haben jetzt Telefon hinbekommen und Internet, das Licht und alles. Der Staat setzt sich wirklich ein: Sie wollen alles tun für den Papst! Ich sage immer, das ist der beste Bürgermeister, den wir hatten. Wir haben jetzt so viele Dinge, und das bleibt alles: Das ist materiell betrachtet schon mal positiv. Was aber vom Geistigen her bleiben wird, ist noch viel mehr: Er wird die Jugendlichen tief treffen, es ist zum Beispiel noch nie so eine Beständigkeit da gewesen. Es geht keiner weg von den Fazendas, wir haben so viele Nachfragen wie nie zuvor, alle Fazendas sind überfüllt, es kommen ganz viele Anfragen. Das ist doch toll, dass die Leute aus der Droge raus wollen, die diese Hölle erfahren, die oft kriminell sind und jetzt auf einmal sagen, ich will ein neues Leben beginnen, weil sie getroffen sind von dem, was sie hier sehen. Die Medien bringen dieses neue Leben weiter, nutzen ihre Macht für etwas so Positives. Das ist gewaltig, was der Papst hier erreicht!“
Es ist eine große Botschaft für die Menschen die hier sind, aber trotzdem hat der Besuch ja auch eine Bedeutung über Brasilien hinaus: Was, glauben Sie, will der Papst mit seinem Besuch hier der Welt sagen?
„Er will ihnen zeigen, dass dieser Weg, den wir hier mit den Ausgeschlossenen und mit den Marginalisierten leben, dass der auch für alle gilt. Denn das Wort, das wir hier leben, ist ja das Evangelium und das Wort Gottes. Und das ist ja für alle gesagt: Gott hat den Himmel verlassen und hat unter uns gelebt, um uns einen Weg zu zeigen. Und wenn wir die Worte leben, die im Evangelium sind und sie ernst nehmen, dann haben wir eine Antwort auf alle Probleme.
Ich komme jetzt gerade von einer Afrikareise zurück, ich habe dort unsere Fazenda besucht, und als ich dieses große Elend sah und die Menschen, die am Verhungern sind, die wirklich nichts haben, da habe ich mich gefragt, warum es eine solche Situation überhaupt gibt. Und mir kam gleich das Wort vom Evangelium in den Sinn, wo Jesus sagt, wenn jemand zwei Mäntel hat, der gebe dem, der keinen hat. Und ich habe mir gedacht, wenn nur wir Christen das leben würden, dann wäre das Problem gelöst.
Wie viele Dinge gibt es, die wir nicht brauchen und in unseren Häusern liegen! Wie viel Schmuck ist eingeschlossen und man muss nur Angst haben, dass er geklaut wird. Man kann ihn kaum gebrauchen. Könnte damit nicht so viel Hunger gestillt werden?!
Oder dann habe ich die vielen Aidskranken getroffen, habe die Prostitution gesehen. Ich habe mich gefragt, warum gibt es soviel Elend. Wieder kam mir der Satz aus dem Evangelium in den Sinn, wer eine Frau anschaut mit dem Wunsch, sie zu besitzen, der bricht die Ehe. Wenn wir diese Sätze ernst nehmen würden, dann würden wir nicht so viele Probleme haben! Gerade was die Aidskranken angeht, die sterben ja da wie Fliegen.
Oder wenn ich an die Straßenkinder denke, ich habe viele von ihnen getroffen. Das Evangelium sagt: Wer ein Kind aufnimmt, nimmt mich auf. Glauben wir wirklich, dass in jedem Kind Jesus ist? Wenn wir das wirklich glauben würden, gäbe es keine Straßenkinder! Als ich dann zurückkam, habe ich gleich an unsere Kinder gedacht: Wir haben ein Haus gehabt für die Kinder aidskranker Eltern, die bei uns sterben, da habe ich gedacht: Das geht nicht! Und da habe ich alle unsere Familien gerufen, die zu unserer geistigen Familie gehören, und habe gesagt: Wir haben noch 16 Kinder, die sind in einem Heim... das ist nicht gut, wir brauchen eine Familie. Jesus hat dieses Wort gesagt. Und sie haben gleich alle Kinder adoptiert, und jetzt haben alle eine Familie.
Ich bin davon überzeugt, wenn wir das Evangelium lesen, haben wir die Lösung für alle Probleme dieser Welt! Und ich hoffe, dass der Papst diese Botschaft allen weitergibt!“

In ganz Brasilien gibt es inzwischen 32 weitere Fazendas mit mehr als 1.000 Hilfesuchenden. Auch in anderen Ländern gibt es diese Anlaufstellen, unter anderem in Argentinien, Paraguay, Mexiko, auf den Philippinen – und auch zwei in Deutschland.

(rv 09.05.2007 mc/bp)

Schon wieder ein Deutscher....

Papst Benedikt XVI. wird auch in Brasilien auf Landsleute treffen. Bis zu fünf Millionen Brasilianer haben deutsche Wurzeln. Das sagen zumindest einige Statistiken. Die Zahlen schwanken stark, zwei Millionen sind es aber mindestens. Zwischen 600.000 und eineinhalb Millionen Menschen nennen Deutsch gar ihre Muttersprache. Einer dieser Deutschbrasilianer ist Don Zeno Hastenteufel, Bischof von Novo Hamburgo. Seine Großeltern kommen vom Hunsrück und aus dem Saarland. Pater Max Cappabianca hat mit dem Kirchenmann aus dem Süden Brasiliens gesprochen.

„Das ist eine ganze deutsche Diözese, gegründet vor 25 Jahren. Aber die Stadt gibt es seit 1824, als die ersten deutschen Einwanderer nach Brasilien gekommen sind.“ Die deutsche Gemeinschaft in Brasilien ist ja sehr groß… „Ja, im Süden, ich bin von Porto Alegre 40 Kilometer entfernt. Dort wird deutsch gesprochen, und ab und zu muss man sogar deutsch predigen, denn es gibt viele ältere Leute, hauptsächlich Frauen, die kein portugiesisch sprechen. Sogar meine Mutter hört am liebsten deutsche Prediger."
Jetzt haben wir ja seit fast 500 Jahren zum ersten Mal wieder einen deutschen Papst, was hat das für die Deutschstämmigen hier für eine Bedeutung?
„Die Deutschstämmigen waren zuerst ganz stolz darauf. Denn das war ja ein Erlebnis: ein deutscher Papst. Wir hatten in Brasilien – das muss man auch sagen – sehr Angst gehabt vor diesem Ratzinger. Er war immer gegen die Befreiungstheologie, und man hat ihn immer als einen sehr konservativen Mann angesehen. Aber ich hab`selbst schon, seit er Papst ist, mit ihm gesprochen - und es kommt uns jetzt wirklich so vor, als wäre er aufgrund seines vormaligen Amtes so ernst gewesen. Aber heute als Papst gefällt er uns sehr.“
Brasilien ist ein Land der Widersprüche. Es gibt Pracht und Reichtum, es gibt sehr arme Menschen. Ganz nah beieinander. Was glauben Sie, tut jetzt Not in diesem Moment?
„Ich würde sagen, er soll uns ein Wort der Hoffnung bringen. Wir müssen wirklich neue Hoffnung schöpfen. Unser Volk hatte immer Hoffnung gehabt auf eine neue Regierung, wenn einmal die Arbeitspartei an die Reihe kommt. Die ist es schon seit fünf Jahren an der Regierung, und die Hoffnung erfüllt sich doch nicht. Man hat weiter große Probleme im Sozialen, mit Armut und Schulden. Wenn er uns doch ein Wort der Hoffnung sagen könnte, dass unser armes Volk nicht mehr so unterdrückt leben muss.“
Also ein Wort, das auch durchaus kritisch sein darf? „Ja, das darf sein. Denn die Menschheit muss doch einsehen, dass es nicht möglich sein darf, wenn soviel Lebensmittel da sind, dass noch immer Leute an Hunger sterben müssen. Grundorientierung brauchen wir auch, im Glauben und auch im Leben. Aber trotzdem brauchen wir auch ein Wort in den sozialen Angelegenheiten.“

(rv 11.05.2007 bp/mc/gw)

Ankunft des Papstes in Sao Paolo

RealAudioMP3 Die Seele des brasilianischen Volkes bewahrt, so wie in ganz Lateinamerika, radikal christliche Werte, die niemals ausgelöscht sein werden. Das sagte Papst Benedikt XVI. bei seiner Ankunft in Sao Paolo auf dem internationalen Flughafen. Gläubige und Schaulustige hatten dem Kirchenoberhaupt bei seinem ersten Besuch im nichteuropäischen Ausland einen herzlichen Empfang bereitet. Benedikt wandte sich auf portugiesisch an den Präsidenten Ignacio Lula da Silva und das Empfangskomitee am Flughafen:

"Ich habe auch die Gewissheit, dass die christliche Identität bei der Generalkonferenz des Episkopates in Aparecida bestärkt werden wird, dass sie den Respekt vor dem Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod fördern wird, wie das der menschlichen Natur eingeschrieben ist. Die christliche Identität wird auch zur Achse der Solidarität vor allem mit den Armen und Verlassenen werden."

Die Kirche wolle die moralischen Werte jeder Situation bloß aufzeigen und die Bürger bilden, damit sie selbst bewusst und frei entscheiden können, fuhr Benedikt fort. Er wies auf die Bedeutung der Familie als Keimzelle der Gesellschaft hin, auf die Ausbildung für die Jugendlichen und auf die Werte, die "in allen sozialen Schichten" ruhen, "besonders in den eingeborenen Bevölkerungen".

Im Anschluss an die Zeremonie brachte ein Hubschrauber den Papst zu einem weiteren Flughafen; Sao Paolo ist mit19 Millionen Einwohnern die fünftgrößte Stadt der Welt, 20 Kilometer im Wagen zurückzulegen, schien den Organisatoren nicht ratsam. Am Ziel nahm der Bürgermeister Sao Paolos den Papst in Empfang und überreichte ihm symbolisch die Schlüssel der Stadt. Im Papamobil fuhr Benedikt danach durch stärker werdenden Regen zum Kloster Sao Bento, das ihm für die Zeit seines Aufenthaltes in der Stadt als Unterkunft dienen wird. Tausende Menschen ließen es sich nicht nehmen, mit Schirmen und Regenjacken dem Wetter zu trotzen und ihren Papst singend zu feiern.
  Sao Bento ist eine der ältesten Stätten Sao Paolos. In seiner heutigen äußeren Gestalt geht das Kloster auf den bayerischen Architekten Richard Berndl zurück, der es 1914 errichtete. Die erste Benediktinerkirche an diesem Ort entstand allerdings vor mehr als 400 Jahren. Heute umfasst der Komplex ein benediktinisches Kloster, ein Kolleg und die Basilika Unserer Heiligen Frau.

Vom Balkon des Klosters aus bedankte sich Benedikt für die herzliche Aufnahme durch die Brasilianer.

"Diese Tage werden für euch alle und für die Kirche voller Emotionen und Freude sein. Das ist eine Kirche, die feiert! In allen Winkeln der Welt betet man für die Früchte dieser Reise, die erste Pastoralvisite in Brasilien und Lateinamerika, die mir als Nachfolger Petri die Vorsehung zugesteht. Die Heiligsprechung von Fra Galvao und die Eröffnung der Fünsten Konferenz des Episkopates von Lateinamerika und der Karibik werden Meilensteine der Kirchengeschichte sein. Ich zähle auf euch und euer Gebet!"

Am Donnerstag stattet Papst Benedikt protokollgemäß dem Präsidenten einen Höflichkeitsbesuch ab. Danach gibt es ein Treffen mit anderen Konfessionen im Kloster Sao Bento und ein Mittagessen mit dem Präsidium der brasilianischen Bischofskonferenz. Ein erster Höhepunkt dann: das Treffen mit Jugendlichem im Stadion von Pacaembu um 18 Uhr Ortszeit.

(rv 09.05.2007 gs)

Ankunft des Papstes: Eindrücke unseres Korrespondenten.

Die Kirche ist Zeugin der Liebe Gottes, sie trägt so zu Frieden und Gerechtigkeit in der Gesellschaft bei: Gleich in der ersten Ansprache der Pastoralreise hat Papst Benedikt XVI. eine in Kontinuität zu seiner bisherigen Verkündigung stehenden Grundton angeschlagen.

Brasilien sei ein mehrheitlich katholisches Land und habe ein reiches kirchliches Potential, so Benedikt. Deswegen komme den Katholiken eine besondere Rolle zu für die kirchliche Erneuerung in Lateinamerika und im Dienst für das Gemeinwohl. Offenbar ist der Papst davon überzeugt, dass ein solcher Beitrag nur dann möglich ist, wenn die Gläubigen um ihre Identität wissen und die Kirche wieder missionarischer wird. Es ist abzusehen, dass Benedikt auf diese beiden Aspekte – die Identität im Glauben und den missionarischen Geist – einen besonderen Akzent setzen wird, denn er ist davon überzeugt, dass nur so soziale Gerechtigkeit und Frieden verwirklicht werden können.

Deutlich wurde in jedem Fall, dass der Papst auch bei dieser Reise auf die fundamentalen moralischen Werte hinweisen will, damit die Bürger „bewusst und frei entscheiden“ können: Ein Appell an das Gewissen, die Freiheit und die Vernunft der Menschen. Insofern war die Rede politisch – denn in Lateinamerika bröckelt der gesellschaftliche Konsens auch in fundamentalen Fragen wie Lebensschutz und Familie.

Der brasilianische Präsident Ignacio Lula da Silva stellte sich in seiner Rede auf die Seite des Papstes und unterstrich den gemeinsamen Einsatz im Kampf gegen die Armut weltweit und für den Schutz der Familie. Kritische oder gar polemische Töne fehlten.
(rv 09.05.2007 mc)

Ein Blick in die Presse...

Der Papstbesuch nimmt in den brasilianischen Medien einen breiten Raum ein. Aufmacher sind unter anderem erwartete Polemiken um Abtreibung und Euthanasie, so in der „Folha de Sao Paolo“ oder im „O Estado de Sao Paolo“. Der auflagenstarke "O Globo" aus Rio de Janeiro berichtet von Vorwürfen des brasilianischen Gesundheitsministers Jose Temporao, die Bischöfe behandelten das Thema zu aggressiv.

In der "Folha de Sao Paulo" heißt es aber gleichzeitig, dass der Papst nicht mit einer „moralistischen Tagesordnung“ anreise und weder Abtreibung noch „Homo-Ehe“ verurteilen wolle, sondern die lateinamerikanischen Katholiken im Glauben stärken und eine Bewegung für Solidarität und Gerechtigkeit starten wolle.

Der „Diario de Sao Paolo“ geht auf den Wandel vom “Panzerkardinal” zum demütigen Papst ein, auch nehmen Berichte über das erwartete Verkehrschaos in Sao Paolo einen breiten Raum ein.

Ein Beitrag im „Journal da Tarde“ weist auf das Schicksal von Obdachlosen in der Metropole hin, die wegen des Papstbesuchs die Innenstadt räumen mussten. Außerdem berichtet das Blatt von den zahlreichen Pilgern, die sich wegen der schlechten Verkehrsverhältnisse schon vor Tagen aus ganz Brasilien aufgemacht hatten, um rechtzeitig in Sao Paolo und Aparecida anzukommen.

Aufrufe des Vatikans nach mehr Demokratie in Lateinamerika sind Aufmacher der Zeitung "O Estado de Sao Paulo". Rom sorge sich "um die Gewalt in den Großstädten, die soziale Ungleichheit, die immer schlechtere Bildung, die Defizite der repräsentativen Demokratie und den Vormarsch der Sekten". Die Sozialpolitik der lateinamerikanischen Staaten kritisiere der Vatikan als unzureichend; arme Familien und Kinder müssten endlich Priorität haben.

Ein weiteres Thema: Die Klima-Diskussion. Erst gestern hatte die Vollversammlung der brasilianischen Bischöfe den Raubbau an der Natur und die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen verurteilt. Vom Papst werde hier Unterstützung für den Schutz des Regenwalds erwartet.
(rv/kna 09.05.2007)

Bis kurz vor der Papst-Ankunft wurde noch fieberhaft gearbeitet...

Um 16.30 Uhr lokaler Zeit ist Papst Benedikt XVI. in Sao Paolo gelandet – Auftakt seiner ersten interkontinentalen Reise. Die Spannung ist groß, mit der die Menschen dem Papst hier entgegenfiebern. Unser Korrespondent Pater Max Cappabianca OP ist vor Ort.

Überall dort, wohin der Papst hinkommen wird, ist bis zuletzt fieberhaft gearbeitet worden: Bauarbeiter und Handwerker prägten hier in den letzten Tagen das Bild. Anlass der Reise ist eigentlich die Eröffnung der Fünften Versammlung des Lateinamerikanischen und karibischen Episkopats – sie findet in Aparecida statt, einem kleinen Örtchen wenige Hundert Kilometer von der 20-Millionen-Stadt Sao Paolo entfernt. Doch die Menschen werden Benedikt vor allem hier in der brasilianischen Mega-Metropole begegnen.

Neben den lateinamerikanisch gelassen arbeitenden Handwerkern sind auch Polizei und Militär überall gegenwärtig. Dreimal mehr Sicherheitskräfte als beim Besuch des amerikanischen Präsidenten George W. Bush – insgesamt 20.000 – sollen im Einsatz sein. Angesichts von Bandenkriegen und Toten auch in den vergangenen Tagen ist es eine verständliche Sorge der brasilianischen Regierung, dass es zu keinen Zwischenfällen kommt. Die Strategie sei „Null-Risiko“, so die Polizei am Mittwoch. Für den ersten Gruß des Papstes vom Balkon des Benediktinerklosters Sao Bento am Abend seiner Ankunft wird eigens eine Art kugelsichere Glaskabine aufgestellt werden.

Am nächsten kommen die Menschen dem Papst das erste Mal bei der Fahrt im Papamobil vom Stadtflughafen Campo Marte zum Benediktinerkloster „Sao Bento“. Hunderttausend Menschen werden an der etwa 5 Kilometer langen Strecke dem Papst zujubeln – es regnet heute zwar immer wieder, aber selbst wenn: Das wird die Menschen nicht davon abhalten, zu kommen!

Wie erwartet die Bevölkerung den Papst? Ich würde sagen typisch lateinamerikanisch: enthusiastisch und in Feierstimmung. Die Papsthymne des Starduos Gian und Giovani ist seit Tagen in der brasilianischen Hitparade, und auch der bekannte Sänger und Priester Marcelo Rossi landete mit seinem Lied zur Papstvisite einen Hit. „Bem-Vindo Papa Bento“ – Herzlich willkommen Papst Benedikt! Überall hört man den Slogan.

In der Bevölkerung sind die Besuche von Papst Johannes Paul II. noch in lebendiger Erinnerung, zuletzt 1997 in Rio de Janeiro. Die Menschen sehen Benedikt XVI. in Kontinuität zum Vorgängerpapst: Der Heilige Vater – für die Armen ist er ein Mann Gottes, der über den Niederungen der Interessenpolitik korrupter Politiker steht. Die Menschen sind angesichts von Verelendung und dem immer größeren Gegensatz von Arm und Reich enttäuscht und suchen deswegen Halt bei jemanden wie Papst Benedikt XVI., der für christliche Werte, für Wahrheit und Wahrhaftigkeit steht.
(rv 09.05.2007 mc)

Heute auf dem Programm: Papst trifft Lula

Luiz Inácio Lula da Silva ist seit dem 01. Januar 2003 brasilianischer Präsident – 2006 wurde er im Amt bestätigt. Er wird in Brasilien kurz „Lula“ genannt – „Lula“, das heißt frei übersetzt soviel wie „echter Tintenfisch“. Den Spitznamen übernahm der Präsident später offiziell in seinem Namen.
Der 62-jährige wurde in arme Verhältnisse geboren. Mit 12 Jahren verließ er die Schule, um auf der Straße als Schuhputzer zu arbeiten und seine Familie finanziell zu unterstützen. Mit 14 Jahren verdiente er sein Geld in einer Fabrik und machte nebenbei einen Schulabschluss, später sein Abitur. In den sechziger Jahren zog „Lula“ schließlich mit seiner Familie nach São Paulo – dort begann seine Karriere als Gewerkschafter, nachdem er bei einem Arbeitsunfall einen Finger verloren hatte.
„Lula“ ist Gründungsmitglied der Arbeiterpartei, „Partido dos Trabalhadores“, kurz PT. Gegründet wurde die PT zu Zeiten der Militärdiktatur 1980 in São Paulo als Zusammenschluss von Gewerkschaftsmitgliedern. Der heutige Präsident führte die Partei, die sich aus befreiungstheologisch, ökologisch und links- orientierten Gruppen und Einzelpersonen zusammensetzte. Sozialismus oder demokratischer Sozialismus waren Konsens in der Partei, trotzkistische und kommunistische Strömungen nicht unüblich. Der fünfzackige rote Stern mit weißem Schriftzug ist ihr Erkennungsmerkmal – Parteianhänger werden kurz petistas genannt.
Papst wünscht brasilianischem Präsidenten „Lula“ Erfolg
Papst Johannes Paul II. wünschte dem brasilianischen Präsidenten am 10. Juni 2003 viel Erfolg bei seinem Programm für „mehr soziale Gerechtigkeit“. Der gläubige Katholik hatte dem Papst in einem Brief von seinem Vorhaben berichtet, eine Agrarreform in Brasilien in Angriff zu nehmen, um den Anliegen der „Landlosen“ entgegen zu kommen. Da die Kirche stets eine Agrarreform gefordert hatte, machte „Lula“ bei den Kirchenvertretern einen positiven Eindruck und galt als Vertreter des sozialen Neuanfangs. Im Laufe seiner Amtszeit zeigten sich die Bischöfe jedoch öfters enttäuscht über seine halbherzigen Sozialreformen. Der aus Österreich stammende Bischof Erwin Kräutler ist für die Gläubigen im Amazonasgebiet zuständig. Er beurteilt die Maßnahmen der Regierung als viel zu "zaghaft". Die notwendigen Schritte einer Landreform seien bislang ausgeblieben. Dazu komme, so der Amazonasbischof, dass "Lula" bisher einer Stellungnahme zur dramatischen Lage in Amazonien ausgewichen sei.
Papst Benedikt wird den brasilianischen Präsidenten am Donnerstag um 10.30 Uhr brasilianischer Zeit einen Höflichkeitsbesuch in São Paulo abstatten. (rv 09.05.2007 sis)







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