Die Konferenz Europäischer
Kirchen, kurz KEK, fordert besseren Schutz für die religiösen Minderheiten in der
Türkei. Jean-Arnold de Clermont, der Präsident der ökumenischen Organisation, die
unter ihrem Dach u.a. orthodoxe, anglikanische und lutherische Christen vereint, hat
die französische Regierung in einem offenen Brief dazu aufgefordert, sich in dieser
Sache in Ankara einzusetzen. Am 18. April waren in der osttürkischen Stadt Malatya
drei Mitarbeiter des christlichen Verlagshauses „Zirve“ ermordet worden, unter ihnen
ein deutscher Staatsbürger. Jean-Arnold de Clermont:
„Auch verantwortliche
Moslems in der Türkei selbst haben gegen dieses Verbrechen protestiert – wir stehen
also mit unserer Kritik von außen nicht allein. Wir betrachten diese Morde als direkte
Folge der Laxheit der türkischen Regierung gegenüber den Anliegen der religiösen Minderheiten
in den vergangenen Jahren. Viele Verbrechen sind da bis heute unbestraft geblieben
sind, sodass Leute sich frei fühlten, diesmal die Grenze zum Mord zu überschreiten.“
Der Türkei fehle bis heute ein Statut, das die Rechte der religiösen Minderheiten
festschreibe, kritisiert Clermont.
„Diese Minderheiten sind ziemlich umfangreich,
sie existieren dort seit Jahrhunderten, und sie haben überhaupt keine rechtliche Existenz.
Das stärkste Symbol dafür ist der ökumenische Patriarch, aber unter dem Fehlen der
rechtlichen Anerkennung leiden auch die anderen, katholische, orthodoxe, armenische,
protestantische Christen. Wie man weiß, ist beispielsweise das Priesterseminar des
Ökumenischen Patriarchats auf der Insel Halki vor Istanbul seit mehr als 20 Jahren
geschlossen. Die türkische Regierung lässt die Sache einfach laufen, obwohl die Orthodoxen
das Recht auf eine Ausbildungsstätte haben. Hier müssen nun auch die europäischen
Regierungen Druck auf die Türkei machen und sagen: So kann es nicht weitergehen.“
Allerdings sieht Clermont auch positive Anzeichen einer sich weiterentwickelnden
Demokratie in der Türkei. Das Parlament in Ankara beschloss gestern als Folge auf
die gescheiterte Wahl von Außenminister Gül zum Staatspräsidenten Neuwahlen.
„Wir
sehen, hier gibt es eine echte Debatte zum Thema Demokratie in der Türkei. Die Tatsache,
dass die Institutionen funktionieren, dass der Verfassungsrat die erste Wahl annulliert
hat, und dass neue Parlamentswahlen stattfinden werden, zeigt, dass die Institutionen
und die Debatte existieren.“