Die RAF ist zurück
in den Schlagzeilen. Erst die vorzeitige Freilassung von Brigitte Mohnhaupt, dann
die Debatte um Begnadigung für Christian Klar. Die bundesdeutsche Gesellschaft debattiert
seit Wochen über die Ereignisse des deutschen Herbstes und die Lehren daraus. Wir
haben den Ethiker und Moraltheologen Eberhard Schockenhoff gesprochen, Professor in
Freiburg im Breisgau. Die Vorzeitige Haftentlassung Brigitte Mohnhaupts „gehe so weit
in Ordnung“, sei ein rechtsstaatliches Instrument, so Schockenhoff. Christian Klar
werde aber als Ansatzpunkt benutzt, den RAF-Terrorismus und die Reaktion des Rechtsstaates
darauf von Grund auf aufzurollen.
„Dabei ist dann der Versuch zu beobachten,
die Terroristen, den Terrorismus als ein zwar in den Ausdrucksformen nicht zu begrüßendes
aber im Grunde notwendiges Zeichen der Auseinandersetzung mit den Wurzeln des Rechtsstaates
darzustellen und eine Art Parität oder moralischer Gleichberechtigung zwischen dem
Terrorismus und dem Rechtsstaat zu konstruieren, und das kann es in keinster Weise
geben.“
Kein Verständnis hat Schockenhoff für den Wunsch Klars nach einem
Praktikum in einem Berliner Theater:
„Was soll das für einen Sinn haben,
wenn nicht den, einem Terroristen ein Forum zu bieten, auf dem er sich darstellen
kann, seine Geschichte darstellen kann, seine Gedankenwelt, seine eigene Zukunft sozusagen
inszenieren kann, als etwas, das auf der Bühne des Theaters spielt; zwar nicht unmittelbar
in der Realität der Politik – insofern ist es wohl glaubwürdig, dass die RAF der Gewalt
abgeschworen hat; aber es soll doch dann die ganze Geschichte noch einmal als ein
Teil unserer Demokratie inszeniert werden, der zu uns gehört und der notwendig auch
eine höhere Qualität des Rechtsstaates gewährleisten soll.“
Die RAF-Attentate
dürften nicht als „notwendige Reaktion auf den kapitalistischen bürgerlichen Staat“
erklärt werden. Es handle sich um erklärte Feinde und ideologische Gegner der Demokratie.
„Das
war eine Geschichte des Linksradikalismus, und insofern ist das ein exemplarisches
Lehrbeispiel, an das man sich erinnern muss. Sie haben sich ja nicht als gewöhnliche
Kriminelle gesehen, deshalb reklamierten sie für sich einen Sonderstatus, eine Art
höhere Weihe. Die Tatsache, dass es solche ideologischen Gegner der Demokratie gibt,
soll auf einer höheren Ebene noch einmal etwas beitragen zur Lebendigkeit der Demokratie.
Das kann nicht sein, und insofern ist die Erinnerung an den Terrorismus natürlich
ein bleibender Auftrag, aber eben um die Gefährdungen durch Extremisten von beiden
ideologischen Richtungen bewusst zu machen, von rechts und von links.“