Nahost: Friedenslauf gerät am Checkpoint ins Stocken
Zum vierten Mal hat
am Mittwoch der Johannes-Paul-II.-Friedenslauf zwischen Bethlehem und Jerusalem stattgefunden.
Organisiert wird der Lauf alljährlich vom Vatikanischen Pilgerwerk zusammen mit dem
italienischen katholischen Sportzentrum. Die Idee ist, zwischen den beiden biblischen
Stätten und ihren Bewohnern eine symbolische Friedensbrücke zu schlagen. Jerusalem
und Bethlehem sind ja getrennt durch eine acht Meter hohe Betonmauer, die Israel aufgerichtet
hat, um sein Land vor Attentaten zu schützen. Die Einwohner Bethlehems klagen jedoch,
dass sie in Sippenhaft genommen und ihrer Stadt in ein großes Freilichtgefängnis verwandelt
worden sei. Bei dem Friedenslauf haben sich mit den Italienern auch Palästinenser
und Israelis symbolisch auf einen 10 Kilometer langen gemeinsamen Weg gemacht. Gabi
Fröhlich hat die Gruppe begleitet.
Friedenslauf 2007 – rund 100 Teilnehmer
sind beim Start am Bethlehemer Krippenplatz dabei: Italiener, Palästinenser und einzelne
Pilger aus weiteren sieben Nationen – Männer, Frauen und Kinder. Teils gehend, teils
joggend geht es auf die Mauer zu, die Bethlehem von Jerusalem trennt. Voran tragen
sie eine olympische Fahne und eine Friedensfackel, die Papst Benedikt XVI. gesegnet
hat. Am Checkpoint gerät der Lauf ins Stocken. Aber nur kurz. Dann hebt sich die Schranke
und der Soldat winkt die Gruppe durch. Ohne jede Passkontrolle. „Salam/Peace/Shalom“
steht auf den T-Shirts der Läufer. Mit Friedensrufen rennen sie auf eine kleine Gruppe
zu, die in dem Checkpointgelände auf sie wartet: Es sind die israelischen Teilnehmer,
denen der Besuch im palästinensischen Bethlehem streng verboten ist: Zu groß ist die
Angst der israelischen Regierung vor Entführungen ihrer Landsleute in den palästinensischen
Gebieten. Aber hier mischen sich die Läufer aus Bethlehem und Israel nun mit den Besuchern
in einem großen Knäuel von Hallos und Umarmungen. Rahed aus Bethlehem sagt: „Wir wollen
einfach zeigen, dass wir Frieden mit Israel wollen.“ Nicht weit von ihm steht ein
junger Mann mit Kippa, Jouny heißt er: „Es ist für den Frieden, da wollte ich dabei
sein. Als ich gefragt wurde, ob ich Lust hätte, habe ich gleich Ja gesagt.“ Rahed
und Joni sind bereits zum dritten Mal beim Friedenslauf dabei. Dicke Freunde sind
die beiden zwar noch nicht geworden, aber in einem Punkt sind sie sich einig: So wie
jetzt kann es nicht weitergehen, zwischen ihren Völkern. Dieser Meinung ist auch der
Sekretär des päpstlichen Laienrates, Bischof Josef Clemens. Der Deutsche begleitet
die Truppe - allerdings im Auto, nicht rennend: „Es ist etwas schwierig, in Sutane
zu laufen! Aber ich freue mich sehr über diese Initiative. Das sind kleine Zeichen,
aber ich glaube, dass kleine Zeichen oft auch eine große Wirkung haben. Allein, dass
es über diesen Checkpoint geht, das sind doch Botschaften, die viele Menschen verstehen.“ Naiv
ist hier niemand. Die Situation im Nahen Osten ist verfahren, eine Lösung weit und
breit nicht in Sicht. Höchstes geht es bei dem Friedenslauf um einen kleinen Beitrag
zur Veränderung der Mentalität. Salah Tamari, Gouverneur von Bethlehem, drückt es
so aus: „Vom Frieden zu träumen ist besser, als Albträume zu haben. Dieser Friedenslauf
ist etwas Positives, auch wenn er vielleicht keine unmittelbaren Auswirkungen hat.
Ab er eines Tages wird er Auswirkungen haben.“ Nach zweieinhalb Stunden etwa erreicht
die Gruppe die Jerusalemer Altstadt. Kurz vor der Klagemauer werden die Läufer von
Pfadfindern mit Trommeln und Dudelsäcken begrüßt. „Schau meine Freundin hier an“,
sagt eine junge Frau, „wie ihr die Tränen runterkullern – so ist der Einzug: bewegend
und wunderschön.“ Bei kühlem Wasser und süßen Datteln sind die meisten sich sicher,
dass sie wiederkommen wollen. Der Initiator der Aktion allerdings, Bischof Liberiano
Andriatti vom vatikanischen Pilgerwerk, hat einen ganz anderen Wunsch: „Mein Traum
ist, dass es bald gar keinen Friedenslauf mehr geben wird! Das würde nämlich heißen,
dass wir ihn nicht mehr machen müssen – weil Frieden herrscht, im Heiligen Land.“
Dafür allerdings müsste so etwas wie ein Wunder geschehen. Unterdessen hoffen die
Friedensläufer deshalb, dass sich ihrem sportlichen Pilgerweg in den kommenden Jahren
immer mehr Menschen aus aller Welt anschließen werden. (rv 27.04.2007 gf/mg)