Solidarität mit Israel und Fürsprache für die Palästinenser. Diesen Spagat versucht
derzeit der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland in dem verminten Feld des
Heiligen Landes. Das oberste Gremium der deutschen Protestanten hat bei seinem
fünftägigen Besuch ein Mammutprogramm zu bewältigen. Jeden Tag stehen dabei auch
Gespräche mit politischen oder kirchlichen Vertretern auf dem Programm. Am Donnerstag
zog der Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber ein erstes Zwischen-Resümee. Dabei
bedauerte er, dass die Reise der katholischen Bischofskonferenz vor fünf Wochen durch
die Getto-Äußerungen von zwei Bischöfen in ein negatives Licht geraten war. Aber er
unterstrich auch:
"So sehr es richtig ist, dass dies diejenige Region in
der Welt ist, in der für Vertreter christlichen Kirchen die größte Zahl von Problemen
auf dem kleinsten denkbaren Raum zusammen sind, gilt trotzdem, dass Ängstlichkeit
ein schlechter Ratgeber ist, sich dieser Situation zu stellen. Von daher können Sie
davon ausgehen, dass der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland mit genau derselben
Klarheit und klaren Orientierung hierher gefahren ist, wie es auch der Fall gewesen
wäre, wenn es diese öffentliche Debatte vorher nicht gegeben hätte."
Mit
den israelischen Sperranlagen, die einige der katholischen Bischöfe zu kritischen
Äußerungen veranlasst hatten, werden die evangelischen Ratsmitglieder in den kommenden
Tagen mehrfach konfrontiert. Allerdings will Huber, selbst Bischof von Berlin, keine
Parallele zu der deutschen Mauer ziehen.
„Ich rate dazu, gerade in dieser
Situation nicht die eine Sperranlage mit der anderen zu vergleichen, sondern hier
am Ort selber anzuschauen, was wir erleben an Bedrückendem, was diese Mauer hat an
Sicherheitsbedürfnissen die dahinter stehen, an völkerrechtlichen Problemen, die sich
damit verbinden und das in sich selber zu bewerten.“
Gerade der Blick auf
die Mauer von Bethlehem, so Huber, zeige, wie kompliziert die Situation im Heiligen
Land sei:
„Dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es erstens richtig ist,
und die Zahl der Terroranschläge durch diese Maßnahme zurückgegangen ist; richtig
ist aber ebenso, dass es sich um eine Maßnahme handelt, die von Israel einseitig ergriffen
worden ist. Richtig ist auch, dass diese Maßnahme einschneidet ins palästinensische
Gebiet. Und richtig ist schließlich, dass sie für die palästinensische Bevölkerung
sehr tief greifende schwer hinnehmbare Auswirkungen hat. Ich glaube, man muss diese
vier Faktoren wahrnehmen und aus ihnen die Folgerung ableiten, wie dringlich ist es,
die Situation zu verändern, die zu einer solchen gravierenden und schwer erträglichen
Maßnahme führt?“ (rv 13.04.2007 gf)