Vatikan: Verurteilung von Thesen, nicht von Sobrino
Die vatikanische Glaubenskongregation
verurteilt einzelne Thesen des Befreiungstheologen Jon Sobrino, jedoch nicht das gesamte
Werk des Jesuitenpaters. Auch die Option für die Armen wolle die Glaubenskongregation
nicht zurückweisen, sondern teile sie, heißt es in der heute veröffentlichten „Notifikation“
über die Schriften Sobrinos. Der größte Kritikpunkt: Die Göttlichkeit Jesu wird
zu wenig betont. Die Glaubenskongregation habe die Aufgabe, über die Glaubenslehre
und die Gebräuche in der katholischen Welt zu wachen und das Recht einzuschreiten,
wenn sie gefährdet sei, so die Notifikation. Einige Thesen Sobrinos können - so heißt
es wörtlich - „den Gläubigen durch ihre Irrtümer und Gefährlichkeit schaden“. In seinen
Werken „finden sich große Mängel, sowohl methodologisch als inhaltlich“. Laut Sobrino
sei „die Kirche der Armen“ der Ort, an dem Christus gegenwärtig sei, so die
Glaubenskongregation. Er vergesse damit, dass einzig im Rahmen des „apostolischen
Glaubens“, der von der Kirche an alle Generationen weiter gegeben wird, gültig Theologie
betrieben werden könne. „Diese Irrtümer“, so die Glaubenskongregation, „führen in
kritischen Punkten zu einer Nicht-Übereinstimmung mit dem Glauben der Kirche: die
Göttlichkeit Jesu Christi, die Menschwerdung des Gottessohnes, das Verhältnis zwischen
Jesus und dem Reich Gottes, sein Sendungsbewusstsein und die Heilsbedeutung seines
Todes.“ In den Medien wurde vorab über ein ausdrückliches Lehr- und Publikationsverbot
spekuliert. Das ist in dem Vatikan-Dokument nicht enthalten. Die Erklärung der Glaubenskongregation
erlaubt lediglich Bischöfen, anderen Autoritäten oder Leitern theologischer Institute
und Universiäten, über entsprechende Maßnahmen zu entscheiden, beispielsweise den
Gebrauch der beanstandeten Bücher einzuschränken. Noch unter Joseph Ratzinger hatte
die Glaubenskongregation im Jahr 2001 eine theologische Überprüfung der Schriften
des Jesuiten Jon Sobrino begonnen, weil diese „Ungenauigkeiten und Irrtümer“ enthielten.
2004 übersandte die Vatikan-Behörde durch den Generaloberen der Jesuiten, Peter-Hans
Kolvenbach, eine Liste bemängelter Aussagen an den Autor, auf die Sobrino 2005 mit
Änderungen antwortete. Diese beträfen aber nicht die Substanz der strittigen Thesen,
befand die Kongregation 2005. Die heute veröffentlichte Erklärung trägt die Unterschrift
von Präfekt William Levada und das Datum vom 26. November 2006. Papst Benedikt XVI.
habe das Schreiben am 13. Oktober approbiert. (rv 14.03.2007 bp)