2007-02-26 13:01:44

Bosnien: "Srebrenica war Völkermord"


RealAudioMP3 Das höchste UNO-Gericht hat das Massaker an bosnischen Moslems durch Serben in Srebrenica von 1995 als "Völkermord" eingestuft. Auf Antrag Bosniens stellte der Internationale Gerichtshof heute fest, dass die in Srebrenica verübten Schikanen und Morde zu der Kategorie gehörten, die eine UNO-Konvention von 1948 als "Völkermord" bezeichnet. Das Urteil von heute ist bahnbrechend. Allerdings betonten die Richter in Den Haag, dass Serbien nicht verantwortlich oder Komplize bei den Massakern von Srebrenica war. Das Land habe jedoch nicht genug getan, die Taten zu verhindern bzw. zu bestrafen. Es war das erste Mal, dass ein Staat vor dem höchsten UNO-Gericht wegen Völkermords angeklagt worden ist.

(agenturen 26.02.07 sk)

Zur heutigen Lage in Bosnien ein Hintergrundbericht von Mario Galgano.

Die Reform der Polizei in Bosnien-Herzegowina gilt als wichtiges Kriterium für die EU-Annäherung. Seit Monaten wird zäh verhandelt, jetzt hat die EU ein Ultimatum gesetzt. Eine Einigung ist dennoch nicht in Sicht. Bis zum 2. März sollen Vertreter der Föderation und der bosnischen Serbenrepublik, der Republika Srpska, eine Einigung erzielen, so das Ultimatum der EU-Kommission. Anderenfalls müsse die geplante Unterzeichnung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit der EU erneut verschoben werden. Doch bisher konnten die Parteien ihre Standpunkte nicht einander annähern. Das haben auch die jüngsten Verhandlungen aller Beteiligten am vergangenen Montag (19.2.) in Sarajewo gezeigt.
Der Balkanstaat scheint ähnliche Probleme wie der Kosovo zu haben. Der Weihbischof von Sarajewo, Pero Sudar, erläutert die politische Entwicklung.

„Die Situation hat sich nach den letzten Wahlen im Oktober 2006 weder verbessert noch verschlechtert. Doch nach den Wahlen sind alle Probleme und Hindernisse ans Licht gekommen, die sich im Laufe des Balkankrieges angesammelt haben. Das sind die Konsequenzen der politischen Beschlüsse aus den 90er Jahren, die nicht eine Lösung für uns brachten sondern nur den Krieg gestoppt haben. Die Situation ist sehr schwierig und es ist fast nicht erklärbar.“

Dass sich in Bosnien-Herzegowina mehr und mehr eine geistige, moralische wie auch kulturelle Krise ausbreitet, wird von den Beteiligten als auch unbeteiligten Akteuren des gesellschaftlichen Lebens wissentlich in Kauf genommen, ausgenutzt oder als unwichtig bewertet. Wir fragen dem Weihbischof von Sarajewo, ob die Kosovo-Verhandlungen auch einen Einfluss auf Bosnien-Herzegowina haben.

„Aber sicher hat das einen Einfluss auf uns. Denn ein Drittel von Bosnien ist serbisch und nennt sich serbische Republik (Republika Srepska). Sie sind Serben, und für sie ist es sicherlich nachvollziehbar, das der Kosovo ein Teil von Serbien ist. Daher möchten sie Kompromisse in Bosnien-Herzegowina und verlangen auch, dass man sie aus diesem Grund besser verstehe. Falls der Kosovo unabhängig wird, ist das meines Erachtens eine gefährliche Entscheidung.“

Die größte Gefahr für die bosnische Angelegenheit ist der Umgang mit den Kriegsflüchtlingen. Die Wahlen am 1. Oktober 2006 galten als zukunftsweisend, weil die internationale Gemeinschaft 2007 den Hohen Repräsentanten abziehen und Bosnien und Herzegowina in die volle Souveränität überführen will. Hat die internationale Gemeinschaft einen Fehler gemacht?

„Leider muss ich das bejahen, denn gerade die Teilung Bosniens in verschiedene ethnische Teile, hat verhindert, dass die Kriegsflüchtlinge wieder zurück zu ihren Häusern kehren konnten. Sie mussten stattdessen in das Gebiet zurück, dem sie ethnisch angehören. 50 Prozent der Flüchtlinge sind wieder zurückgekommen, und die meisten mussten in das Gebiet, wo ihr Volk die Mehrheit bildet.“
(rv 26.02.07 mg/sk)







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