Die Suche nach Stasi-Agenten
in der polnischen Kirche geht weiter. Nun sind Akten aufgetaucht, in denen einer der
wichtigsten polnischen Bischöfe als Spitzel aufgeführt wird. Der Vorsitzende der polnischen
Bischofskonferenz, Erzbischof Józef Michalik, taucht in den Akten des polnischen Geheimdienstes
auf. Nach seinen eigenen Angaben ist er dort ohne sein Wissen geführt worden. Daniel
Kaiser berichtet: Sein Deckname war: Zefir. So steht es jedenfalls in den Akten
der Kommunisten aus den Jahren 1975 bis 1978. Erzbischof Michalik weist alle Vorwürfe
zurück. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, sagt er. "Es kann sein, daß sie es versucht
haben, mich anzuwerben. Ich kann mich da nicht mehr so gut erinnern. Aber es gab nie
so etwas wie eine formelle Vereinbarung." Nichts in seinem Leben könne die Einstufung
als Stasi-Spitzel rechtfertigen, sagt Michalik. Er habe ein reines Gewissen. "Ich
bin nicht der Typ für ein Doppelleben. Ich habe mich in dieser Frage immer mit meinen
Kollegen ausgetauscht. An so einen Vorfall kann ich mich nicht erinnern." Der Historiker
Jan Zaryn nennt die Dokumente wenig aussagekräftig. Die Akte über den Erzbischof enthält
keinen einzigen Bericht von Michalik. Auch steht unter keinem der Dokumente seine
Unterschrift. An den entscheidenden Stellen schweigen die Akten. Deshalb ist es nicht
möglich zu sagen, ob Michalik Mitarbeiter des Geheimdienstes war oder nicht. Erst
gestern hatte die polnische Kirche erstmals einen eigenen Bericht über die Zusammenarbeit
von Priestern mit dem kommunistischen Geheimdienst veröffentlicht. Verlagssprecher
Jacek Prusak. "Das Buch ist der Auftakt zu einer ganzen Serie. Sie will Priester zeigen,
die sich dem kommunistischen Regime stellten aber auch diejenigen, die nicht stark
genug waren und mit der Geheimpolizei zusammengearbeitet haben." Zum Beispiel der
Priesters Mieczyslaw Satory. Er soll 30 Jahre lang Informationen über den späteren
Papst Johannes Paul II. an die Geheimpolizei weitergeleitet haben. Er verriet, wo
der damalige Erzbischof Wojtyla wohnte, wie seine Möbel standen, von wo aus er am
besten beobachtet werden konnte, zu welcher Zeit er aufstand und wie sein Terminkalender
aussah. Im Gegenzug erhielt der schwer kranke Priester Zuwendungen wie Diabetes-Medikamente,
Schokolade, Kaffee, Fußballtickets und ein Motorrad. Im Januar hatte der Rücktritt
des Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus in eine schwere Krise gebracht. Wielgus
hatte Kontakte zum SB eingeräumt, den Vorwurf der Spitzeltätigkeit aber zurück gewiesen. (rv/agenturen
16.02.07 bp)