Die gute Nachricht zuerst: Das Referendum zu einer Liberalisierung des Abtreibungsrechts
ist gestern in Portugal gescheitert. Zwar stimmten fast 60 Prozent für eine Lockerung
des Gesetzes - aber die Wahlbeteiligung betrug nur etwa 44 Prozent, erreichte also
nicht die erforderlichen 50. Die schlechte Nachricht: Portugals sozialistische Regierung
will das Abtreibungsrecht trotzdem liberalisieren - bis zur 10. Schwangerschaftswoche
soll Abtreibung straffrei sein, kündigte Ministerpräsident José Socrates an.
Schon
in den nächsten Tagen will die Regierung eine entsprechende Gesetzesänderung ins Parlament
bringen, wo sie eine komfortable Mehrheit hat. "Wir müssen", so sagt Socrates, "den
Willen des portugiesischen Volkes akzeptieren." Auch Oppositionsführer Luis Marques
Mendes ließ wissen, er werde der Gesetzesänderung nicht im Wege stehen - obwohl er
während der Kampagne vor dem Referendum noch dagegen war. Etwa 90 Prozent der
Portugiesen sind katholisch; die Abtreibungsgesetze gehören zu den strengsten in Europa,
auf Augenhöhe mit Polen, Irland und Malta. Nach Schätzungen liegt die jährliche Zahl
illegaler Schwangerschaftsabbrüche landesweit bei 20.000 bis 40.000. Der Vorsitzende
der portugiesischen Bischofskonferenz, Erzbischof Jorge Ortiga von Braga, betonte
heute in einer ersten Reaktion auf das Referendum die "Unverletzlichkeit des menschlichen
Lebens". Die Frage des Lebens könne nicht an einer Wahlurne entschieden werden; er
hoffe, dass die Kampagne der letzten Wochen vielen Portugiesen zu denken gebe. Der
Bischof wörtlich: "Die Kultur des Lebens liegt immer stärker mit einer Kultur des
Todes im Kampf." Die schwierigen Fragen, die das Thema Abtreibung aufwerfe, müssten
in Solidarität mit Frauen, Männern und Kindern in Notlagen angegangen werden. Wenn
die Politiker das Thema jetzt per Gesetz angehen wollten, dann sei das zwar legal,
aber nicht unbedingt moralisch gut. (rv/agenturen 12.02.07 sk)