Die Bischöfe von Essen, Münster und Paderborn sowie die Präsides der Evangelischen
Kirche im Rheinland und von Westfalen haben eine Erklärung zum Ausstieg aus der Kohleförderung
veröffentlicht. In dem Schreiben heißt es unter der Überschrift „Die Bergleute brauchen
Verlässlichkeit!“ wörtlich: "Der endgültige Ausstieg aus der Steinkohleförderung darf
nur sozialverträglich erfolgen. Es darf keine betriebsbedingten Kündigungen geben." (pm
08.02.07 sk) Hier dokumentieren wir den genauen Wortlaut des Schreibens: Die
Entscheidung der Politik, den deutschen Steinkohlenbergbau auslaufen zu lassen, betrifft
die Menschen im Ruhrgebiet und im Ibbenbürener Raum unmittelbar. Sie erwarten auch
von uns Antworten darauf, wie sie diese Situation gestalten können. Im Revier ist
die enge Bindung der Bergmannsfamilien an die Kirche ebenso traditionell wie der nach
wie vor allgegenwärtige Bergmannsgruß ‚Glück auf’. Wir Bischöfe und Präsides fordern
von der Politik nach den jüngsten Kabinettsbeschlüssen die gleiche Verlässlichkeit
ein, die die Bergleute seit jeher auszeichnet. Das bedeutet im Einzelnen: Der
endgültige Ausstieg aus der Steinkohleförderung darf nur sozialverträglich erfolgen.
Es darf keine betriebsbedingten Kündigungen geben.
Wir begrüßen, dass die Bundesregierung im Jahr 2012 den
Ausstiegsbeschluss überprüfen will. Wir sind uns allerdings im Klaren darüber, dass
es einen der ältesten und traditionsreichsten Berufe in dieser Region bald nicht mehr
geben wird. Dabei können wir nicht vergessen, dass der Bergbau unsere Region über
lange Zeit groß und wohlhabend gemacht und einen wesentlichen Beitrag zum wirtschaftlichen
Aufstieg in ganz Deutschland geleistet hat. Bergmännische Tugenden wie Treue und Verlässlichkeit,
aber auch Gottvertrauen und die Pflege des religiösen Brauchtums wie z. B. die Verehrung
der hl. Barbara, haben die Region nachhaltig geprägt. Wir betrachten den bevorstehenden
grundlegenden Einschnitt in Lebensgewohnheiten, Familientraditionen und Arbeitsplatz-Angebot
aber auch als Zukunftschance. Diese Chance kann jedoch nur genutzt werden, wenn die
Schaffung zukunftsträchtiger neuer Arbeitsplätze im Revier erheblich forciert wird,
sonst droht ein Strukturbruch in manchen Regionen. Wir Bischöfe und Präsides werden
beim weiteren Wandel der Industrieregion Ruhr nicht nur aufmerksame Beobachter sein,
sondern uns auch einmischen. Die über 50 Jahre währende Zusammenarbeit von Kirche
und Bergbau in der gemeinsamen Sozialarbeit der Konfessionen (GSA) ist hierfür ein
bewährtes Instrument. Die Überwindung der Arbeitslosigkeit durch Schaffung neuer Arbeitsplätze
ist trotz leichter Entspannung am Arbeitsmarkt nach wie vor die große Herausforderung.
Die
hervorragenden Ausbildungseinrichtungen der RAG müssen erhalten bleiben und weiter
betrieben werden. Die RAG bildet derzeit mehr als 5000 junge Menschen in überbetrieblichen
Maßnahmen in rund 50 Berufen aus. Außerdem erhalten in den Bildungszentren über 600
benachteiligte junge Menschen in Förderkursen eine Ausbildung. Zusammen mit den betrieblichen
Ausbildungen für die Tochterfirmen der RAG ist der Konzern der mit Abstand größte
Ausbilder des Landes. Diese Kapazitäten und dieses Wissen dürfen nicht verloren gehen.
Wir Bischöfe und Präsides fordern im Sinne der jungen Generation den Erhalt dieser
bewährten und modernen Ausbildungsstätten.
Wir werden alles
in unseren Möglichkeiten Stehende tun, um den Bergleuten zu helfen – gerade weil es
in absehbarer Zeit keinen Steinkohlebergbau in Deutschland mehr geben wird. Die Leistungen
dieser Männer und dieser Familien bleiben vorbildlich. Wenn die Bergleute ihre Zechen
für immer verlassen, verdienen sie von uns allen die gleiche Solidarität, die sie
durch Jahrhunderte vorgelebt haben.