Die schwere innere Krise im Libanon eskaliert weiter. Die oppositionellen Kräfte,
die Syrien nahestehen und den Rücktritt der Regierung fordern, demonstrierten heute
in vielen Teilen des Landes und blockierten wichtige Straßenverbindungen. Bei einem
Schußwechsel zwischen Anhängern gegnerischer politischer Lager wurde heute in einem
Dorf im Nordlibanon ein Mann getötet; bei Zusammenstößen in vielen Landesteilen gab
es mindestens 58 Verletzte. Im Wirbel des einsetzenden Generalstreiks ist der Versuch
der Bischöfe, zumindest die zerstrittenen christlichen Politiker auf eine gemeinsame
Linie einzuschwören, untergegangen. Zu den Problemen des Libanon gehört, dass es im
derzeitigen politischen Spiel keine klaren Fronten gibt; der christliche Politiker
Michel Aoun zum Beispiel unterstützt die Hisbollah, der christliche Präsident Emile
Lahoud soll sogar mit den Mördern des früheren Premierministers Rafik Hariri unter
einer Decke stecken. Zankapfel ist die Ausrichtung des Landes, gen Syrien oder gen
Westen. In Beirut sind heute die meisten Schulen und Geschäfte geschlossen, und die
Proteste gegen die pro-westliche Regierung von Fouad Siniora gewinnen weiter an Fahrt.
Korrespondenten berichten von brennenden Barrikaden in Beirut und einer schwarzen
Rauchsäule über der Stadt am Mittelmeer. Mehrere internationale Airlines haben ihre
Flüge nach Beirut ausgesetzt, weil Demonstranten die Zufahrtstraßen zum zivilen Airport
blockieren. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat gestern erstmals das Wort "Bürgerkrieg"
in den Mund genommen. Derweil bereitet Fouad unbeirrt eine internationale Geber-Konferenz
für den Libanon vor, die übermorgen in Paris beginnen soll. Über die schwere Blockade
des Libanon hat sich kürzlich auch Papst Benedikt mit großer Sorge geäußert. Die Krise
im Land überschattete am Wochenende auch die Feiern zu 300 Jahren Präsenz des Maroniten-Ordens
in Rom. (agenturen/rv 23.01.07 sk)