Kopftuchstreit, Kopftuchklage
und nun Kopftuchverbot: Der Bayrische Verfassungsgerichthof hat gestern die Popularklage
der Islamischen Religionsgemeinschaft zurückgewiesen; islamische Lehrerinnen dürfen
an bayrischen Schulen nicht mit Kopftuch lehren. Damit bleibt das bayrische Erziehungs-und
Unterrichtsgesetz unverändert. Unklar bleibt nach wie vor, was gestern eigentlich
entschieden wurde. Es geht nicht nur um das Kopftuch, betont der Leiter des Katholischen
Büros in Bayern, Peter Beer:
„Gestern wurde darüber entschieden, ob die
Regelung im bayrischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz verfassungswidrig ist, oder
nicht. In dieser gesetzlichen Regelung ist das Kopftuch nicht ausdrücklich erwähnt.
Es ging darum, ob religiöse Symbole und Kleidungsstücke, die auch Weltanschauungen
wiedergeben, im Unterricht verboten werden können, sofern sie der bayrischen Verfassung
und der darin grundgelegten Werteordnung widersprechen.“
Die
gestrige Entscheidung ist sozusagen ein Zwischenschritt. Welche Symbole letztlich
davon betroffen sind, prüfen die einzelnen Fachgerichte. Auch wenn das Kopftuch nicht
explizit genannt wurde – es dient als Paradebeispiel. Warum müssen muslimische Lehrerinnen
ihr Kopftuch zu Hause lassen, während Ordensfrauen ihre Tracht in bayrischen Schulen
tragen dürfen? Beer dazu:
„Zum einen sagt man, dass der Nonnenhabit von
der geschichtlichen Entwicklung und der öffentlichen Wahrnehmung her, den christlich-abendländischen
Bildungs- und Kulturwerten entspricht. Zum anderen führt man an, dass beim Nonnenhabit
nicht das Missverständnis entstehen kann, dass Mädchen und Frauen grundsätzlich auch
einen solchen Nonnenhabit tragen müssen, um sittlichen Geboten oder der Stellung der
Frau in der Gesellschaft angemessen Rechnung zu tragen.“
Diese eindeutige
Interpretation des Nonnenhabits, sei beim Kopftuch nicht gegeben, erklärt Peter Beer:
„Es
hängt zum einen daran, dass wir keine muslimische Organisation haben, die für alle
Muslime in Deutschland sprechen kann – da ist also schon ein Deutungsspielraum von
der Struktur her gegeben. Auf der anderen Seite wird das Kopftuch auch bei Musliminnen
selbst aus unterschiedlichen Motivationsgründen getragen. Von der Identitätssuche,
dem Glaubenszeugnis bis zur politischen Kundgabe sind unterschiedliche Elemente in
diesem Kopftuch mit eingeschlossen.“
Der Leiter des katholischen Büros
in Bayern, Peter Beer, warnt davor, die Diskussion auf rein rechtliche Fragen zu
begrenzen, um die gesamte Verantwortung auf die Gerichte abzuschieben:
„Es
geht wirklich darum, dass wir uns alle bewusst machen, wie wir leben wollen, nach
welchen Grundsätzen wir leben wollen und wie wir diese im Laufe der Zeit durchhalten
– also nicht nur davon reden, oder andere dafür verantwortlich machen.“ (16.01.2006
sis)