Die polnische Bischofskonferenz
hat entschieden alle Bischöfe des Landes zu überprüfen, ob sie mit dem kommunistischen
Geheimdienst zusammengearbeitet haben. Die Akten sollen dem Vatikan weitergeleitet
werden. Nun soll jeder der 133 Bischöfe die für die Stasi-Akten verantwortliche Behörde
bitten, die eigene Vergangenheit zu überprüfen. Außerdem wird es in allen polnischen
Diözesen Untersuchungskommissionen der Kirche geben. Aus Warschau berichtet unser
Korrespondent Daniel Kaiser. "Biskupi do Lustracji" – „Bischöfe
zur Durchleuchtung!“ So titeln heute die polnischen Zeitungen. Die Entscheidung der
Bischofskonferenz ist ein Befreiungsschlag. Mit dem Vorstoß reagiert die Kirche darauf,
dass es in den Medien fast täglich neue Enthüllungsberichte über vermeintliche Stasi-Spitzel
in der Kirche gab. So hatte beispielsweise die Tageszeitung "Dziennik" geschrieben,
dass mindestens zwölf Bischöfe dem Geheimdienst zugearbeitet haben. Die
Ergebnisse der Untersuchung sollen nicht veröffentlicht werden. Die Akten
wandern in den Vatikan. Dort werden sie noch einmal analysiert und bewertet. Sollte
sich herausstellen, dass Bischöfe tatsächlich mit dem Geheimdienst SB (Sluzba Bezpieczenstwa)zusammengearbeitet
haben, dann müsse der Vatikan entscheiden, ob die Betroffenen im Amt bleiben können
oder nicht. Nach Ansicht der polnischen Kirche gibt es in Polen kein Gericht, das
qualifiziert sei, über einen Bischof zu urteilen. Die Stasi-Debatte hatte
am vergangenen Sonntag ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Der neue Erzbischof von
Warschau, Stanislaw Wielgus, war am Tag seiner offiziellen Einführung wegen der Spitzelvorwürfe
zurückgetreten. Der dramatische Zeitpunkt - in letzter Sekunde - sei kein Zufall,
meint der frühere polnische Präsident Lech Walesa. Er hält die ganze Affäre
für einen Rachefeldzug der Kommunisten. Der italienischen Zeitung "Corriere
della Sera" sagte Walesa, die Attacken auf Stansilaw Wielgus und die Kirche sollten
nur dazu dienen, die Situation in Polen zu destabilisieren. (rv 13.1.07 mg)