2006-11-29 20:33:38

Der zweite Tag. Bilanz unseres Korrespondenten.


RealAudioMP3 Im Vergleich zum intensiven Auftakt in Ankara war der zweite Besuchstag des Papstes in der Türkei sehr entspannt. Aus der türkischen Hauptstadt flog der Papst in die Provinz, um mitten in einer menschenleeren Landschaft an einem kleinen Häuschen, dem mutmaßlichen Haus Mariens, die Messe zu feiern. Dabei waren ein paar Hundert Menschen, Journalisten inbegriffen. Selten kann ein Papst an einem wichtigen Ort des Glaubens eine so intime Messe feiern; das letzte Mal war wohl mit Johannes Paul II. am Berg Sinai. Wer es bis in die Felder von Ephesus geschafft hatte, erlebte einen lachenden, ansprechbaren Papst Benedikt, der sogar einen Moment auf türkisch redete. Die Privatheit von Ephesus, so schön sie ist, zeugt aber auch vom Aussterben oder Abwandern der Christen aus dem Heiligen Land; das gibt diesen idyllischen Bildern einen dunkleren Unterton. Dann der Weiterflug nach Istanbul: Hier waren der Ökumenische Patriarch und alle wichtigen Vertreter der örtlichen Christen dem Papst bis an den Flughafen entgegengekommen, eine Geste, die Benedikt sichtbar freute und rührte. Wenn die Fernsehbilder aus dem Phanar, dem Sitz des Patriarchen, nicht täuschen, dann haben Papst und Bartholomaios sich sofort verstanden. Es war im Kreislauf der Ökumene ein besonderer, ein glücklicher Moment.
Aber der Eiertanz des Papstes fängt jetzt erst an: Die Gefahr ist groß, dass Bartholomaios seinen Gast aus Rom im Dauerzank mit den türkischen Behörden für sich vereinnahmt. In diesem Fall wäre die mühsame Entente, zu der Benedikt XVI. und türkische Politiker in Ankara gefunden haben, schnell wieder dahin. Dass hier zwischen Papst und Patriarch (symbolisch gesehen zwischen Petrus und Andreas) nicht nur brüderliche Idylle stattfindet, zeigt das Umfeld dieser Begegnung: ein völlig abgeriegeltes, mit Panzern und Polizeitrupps vollgestopftes Istanbul, Absperrungen, Nervosität, al-Quaida-Drohungen von einer Homepage herunter, Blaulichter und Straßensperren.
Der Mittwoch war für den Papst ein Dazwischen-Tag: nicht mehr Ankara, noch nicht ganz Istanbul, zwischen beiden hängend. Ein surreal friedliches Bild.
(rv 29.11.06 sk)








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