Türkei: Deutscher Pfarrer, "ökumenische Geste zählt"
Vor der Reise des
Papstes in die Türkei wird in den Medien immer wiederholt, dass Benedikt XVI. am Bosporus
mit heftigem Gegenwind zu rechnen hat. Aber warum ist das eigentlich so? Es liegt
gar nicht nur an der Regensburger Rede des Papstes und den Missverständnissen in ihrem
Gefolge - es liegt, in gewisser Weise, auch an der innenpolitischen Gemengelage der
Türkei. Das betont der Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde St. Paul im Istanbuler
Stadtteil Nisantasi; es ist der aus Berlin stammende Peter Wehr. "Die Türkei hat
eigentlich zwei Prägungen; auf der einen Seite ist das eine stark nationale, auf der
anderen aber hat sie, obwohl ein laizistischer Staat, einen deutlichen muslimischen
Background. Möglicherweise kommen hier also zwei Komponenten zusammen und sorgen dafür,
dass der Papst in der Öffentlichkeit hier in der Tat nicht so ganz willkommen ist;
wir sehen ja auch hier in der Stadt die Plakate, die sich gegen den Papstbesuch richten,
und ich habe auch Umfragewerte gesehen, dass die überwältigende Mehrheit der Türken
den Papst hier nicht willkommen heißt. Nichtsdestotrotz - er ist vom Staatspräsidenten
eingeladen, und für uns ist aus innerkirchlicher Perspektive die ökumenische Geste
ganz wichtig und entscheidend." Pfarrer Wehr muss in der Türkei alle paar Jahre
seine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis verlängern; zugelassen ist er nur als Seelsorger
der ca. 5000 Deutschsprachigen, die in Istanbul leben. Kirchliches Material, z.B.
eine Bibel in türkischer Sprache, dürfte er keinem Türken in die Hände drücken. "Die
Türkei versteht sich als laizistischer Staat, und das bedeutet, dass Religionsgemeinschaften
natürlich nicht in dieser Weise an die Öffentlichkeit gehen dürfen. Man spricht von
einem so genannten Missionsverbot. Die römisch-katholischen Christen hier im Land
sind fast alles Ausländer: Deutsche, Italiener, Spanier, also Angehörige der typischen
katholischen Nationen. Es ist also eine Ausländerkirche, und damit ist erst einmal
schon eine kulturelle Grenze gegeben. Das muss man einfach sehen. Aber natürlich weiß
ich, dass beispielsweise in Saint-Antoine, also der größten Kirche Istanbuls, die
sehr zentral gelegen ist, ein Türke (ethnisch gesehen) keine Schwierigkeit haben dürfte,
einen Ansprechpartner zu finden oder Broschüren. In Saint-Antoine kann man auch zu
einer türkischsprachigen Messe gehen." (rv 27.11.06 sk)