Eine erste Gruppe
von deutschen Bischöfen war in den letzten Tagen zum ad-limina-Besuch im Vatikan.
Hören Sie hier das Gespräch, das wir mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
Kardinal Karl Lehmann, dazu geführt haben.
„Diesmal gibt es nicht diese
großen Themen. Daher ist es diesmal ein ruhiger und entspannter Besuch, zumindest
im Vergleich zum letzten Mal, wo wir kurz vor der Entscheidung zum Ausstieg aus der
Schwangerenpflichtberatung standen. Gut, es gibt hier auch immer wieder Anfragen,
die sozusagen nach Rom „importiert“ werden, sei es, dass sie die Zeitung lesen, sei
es das da und dort auch mal Proteste gibt. Wir haben in Deutschland beispielsweise
eine Tradition der Laienräte, die wir in Rom mehrmals schon erläutert haben und die
über Jahrzehnte immer wieder anerkannt worden ist. Aber ein Bischof hat bei uns selbstverständlich
auch das Recht, dass er mehr nach dem Codex von 1983 und den anschließenden Dokumenten
das Rätesystem umbaut. Es wäre nur gut, wenn er das einigermaßen im Konsens mit anderen
tut, aber das Recht kann man ihm nicht bestreiten.“
Hört Rom in diesen
Strukturfragen eher zu oder gibt es auch konkrete Ratschläge?
„Bis jetzt
habe ich von Ratschlägen nichts gehört. Ich glaube, sie wissen, dass sie erst zuhören
müssen, zumal bei uns in der Pastoralplanung die Wege der Diözesen – das macht mir
manchmal etwas Sorge – eigentlich recht verschieden sind. Das geht bis in die Bezeichnungen
hinein, ob das Seelsorgeeinheiten, Pfarrgemeinschaften, Pfarrverbünde und so weiter
sind, sodass auch die Orientierung vom einen zum anderen Bistum nicht so einfach
ist. Wir machen deswegen im Frühjahr ein zweites Mal dazu eine Studientag. Aber ich
glaube, dass man das von hier aus eher erst einmal beobachtet.“
Böse gefragt:
Ist die deutsche Kirche zu kompliziert, um in Rom verstanden zu werden?
„Nein,
im Grunde genommen sind dies einfache Vorgänge. Es bedeutet, dass wir in umfassenderen
Lebensräumen existieren, auch durch die kommunalen Planungen, dass man bestimmte Aufgaben,
wie Erwachsenenbildung, Firmkatechese usw. abstimmt und besser mit den Nachbarn tut.
Das erhöht auch die Qualität in vielen Fällen und das spart auch hier und da Zeit
und Kraft. Das sind eigentlich sehr vernünftige und nicht zu komplizierte Dinge.“
Spielt
„Donum Vitae“ eine Rolle? „Wir haben eigentlich von uns aus das
Thema benannt. Ich habe aber den Eindruck, dass man das im Augenblick nicht weiter
verfolgen wollte. Wir haben ja am 20. Juli auch eine Erklärung abgegeben, über die
Grenzen der Beteiligung von Katholiken, die einerseits Verantwortungspositionen haben
in „Donum Vitae“, und andererseits verantwortliche Positionen wahrnehmen in den Räten.
Für uns ist das zunächst einmal genug, wenn mehr verlangt wird, soll man sich entsprechend
melden. Bis jetzt ist das nicht geschehen. Ich habe 1999 beim letzten Ad-Limina-Besuch,
wenige Tage vor der Entscheidung über Schwangerschaftskonfliktberatung dem Papst gesagt:
‚Denken Sie bei Ihrer Entscheidung darüber nach, dass es in jedem Fall Einrichtungen
geben wird von katholischen Laien, die so weiter beraten, wie wir es bisher gemacht
haben, dass das Leute sind, die wir sehr schätzen und mit denen wir Jahrzehnte positiv
zusammengearbeitet haben.“
Es gibt im Moment viel Gerede in den Medien,
dass vielleicht die Feier des alten tridentinischen Ritus erleichtert werden könnte.
„Es
hat keinen Sinn, hypothetisch zu spekulieren, was wenn … Es kommt sehr darauf an,
aus welchen Motiven das gewünscht wird. Die Unterschriftenlisten, die ich zum Beispiel
bekomme, die muss man genau analysieren: Kinder, Mehrfachunterschriften, zwei Drittel
außerhalb des Bistums, das ist nicht so ohne weiteres der Wille des Volkes Gottes!“
Könnte so etwas – wenn man es so hoch hängt – die Kirche, wenn nicht spalten,
so doch sehr belasten?
„Das ist ja schon geschehen. Meine Erfahrung ist,
dass nur bei ganz wenigen Leuten die Ästhetik der Liturgie eine Rolle spielt. Dahinter
sind nicht selten doch – auch wenn es meist abgestritten wird – dogmatische Gründe.
Zum Beispiel wird die Gültigkeit der Neuen Messe mehr oder weniger in Frage gestellt.
Es gibt da und dort ein verständliches Bedauern, dass ein schönes Gebet weggefallen
ist. Man muss mit den Leuten vor allem ins Gespräch kommen: Dann sehen sie ein, dass
es reicht, wenn hier und da eine solche Messe angeboten wird. Wir finden auch kaum
mehr die Priester, die fähig und bereit sind, die Messe im Alten Ritus zu lesen –
das kann man sich ja schon altersmäßig vorstellen!“
Wo ist denn das allergrößte
Hickhack beim Ad-Limina-Besuch oder hinter verschlossenen Türen bei der Bischofskonferenz?
„Nein,
die Spannungen in der deutschen Bischofskonferenz werden völlig über- und fehleingeschätzt:
Die gibt’s nicht! Es gibt mal da und dort verschiedene Meinungen. Aber es ist nicht
so, dass es da feste Fraktionen gibt, die jetzt fest zementiert wären. Sondern da
baut sich mal einer auf, mit dem ich bei der nächsten Frage wieder derselben Meinung
bin. Es ist nicht so, dass es da Grabenkämpfe gäbe, ich empfinde das als vielleicht
als viel leichter, als das offenbar von außen erscheint.“ (rv 121106 mc)