Nicaragua wählt heute
einen neuen Präsidenten. Dabei kann sich auch der frühere Chef des Sandinisten-Regimes,
Daniel Ortega, Chancen ausrechnen. Wir fragten Nicaraguas früheren Erziehungsminister
Humberto Belli, ob der frühere Kontrahent der Kirche wirklich Chancen auf ein Comeback
ins Präsidentenamt hat. "Das ist sehr schwer vorherzusagen, weil Ortega auf etwa
32 Prozent kommen dürfte, und das liegt unter seinen Ergebnissen bei früheren Wahlen.
Diesmal hat er zwar an Unterstützung verloren, aber die Rechtsparteien und die nicht-sandinistischen
Gruppen sind gspalten, und das macht die Lage schwierig. Ortegas Herausforderer kommen
auf 28 bzw. auf 20 Prozent; zusammen könnten sie ihn schlagen, aber dazu ist es jetzt
zu spät. Soziologisch gesehen stützt sich Ortega auf die untere Mittelklasse. Weniger
bei Bauern, mehr bei den Städtern findet er Anhänger, denn für die hat er zu seiner
Regierungszeit einiges getan, etwa durch Land-Umverteilungen. Ich glaube, das Rückgrat
von Ortega-Anhängern kommt von Leuten, die entweder kostenlos Häuser zugeteilt bekamen
oder deren Schulden getilgt wurden, und dann von Bauern, die Land bekamen, das anderen
Leuten weggenommen worden war." Belli war Sandinist, wurde dann aber zum Kritiker
des Regimes und mußte 1982 das Land verlassen. Unter Präsidentin Chamorro kam er als
Minister wieder; seit 1999 leitet er eine kirchliche Universität in Managua. (rv
05.11.06 sk)