2006-10-31 13:12:26

Österreich: Huber, nur "religiös neutraler Staat" garantiert Menschenrechte


RealAudioMP3 EKD-Ratsvorsitzender Bischof Huber bekräftigte beim Reformationsempfang in Wien den Einsatz der Kirchen für Religionsfreiheit und das Bekenntnis zur Trennung von Religion und staatlicher Rechtsordnung. Das muss auch im Dialog mit dem Islam zur Sprache gebracht werden, so Huber in seinem Festvortrag.
"Auch nach kirchlicher Auffassung kann also nur der religiös neutrale Staat könne die volle Religionsfreiheit verfassungsrechtlich sichern. Ein religiös gebundener Staat, der sich einer Religion gegenüber in besonderer Weise verpflichtet weiß, läuft dagegen Gefahr, diese gegenüber anderen Religionen in seinem Staatsgebiet zu privilegieren. Unterdrückung von Menschen wegen ihrer religiösen Überzeugung gehört auch heute in vielen Ländern zur politischen Realität. Es sind in unserer heutigen Welt vor allem Christen, die von Beeinträchtigungen der Religionsfreiheit betroffen sind. Und es sind vor allem islamisch geprägte Staaten, von denen solche Beeinträchtigungen ausgehen."
Die Anlässe würden leider zunehmen, deretwegen an die Religionsneutralität des Staates erinnert werden müsse. Scharfe Kritik übte der evangelische Bischof an der Entwicklung religiös begründeter Parallelgesellschaften, wie dies etwa auch in Deutschland in Bezug auf den Islam mancherorts zu beobachten sei. Solche Gesellschaften seien ein Nährboden des Fundamentalismus.
Huber: "Niemand kann das Recht haben, unter Berufung auf religiöse Regeln oder auf kulturelle Traditionen aus seinem jeweiligen Herkunftsland andere Menschen gewaltsam zu bedrängen, zu verletzen, ja zu töten oder öffentlich und mit dem Anspruch auf Resonanz die These vom 'Traditionsmord' zu vertreten."
Um den inneren Zusammenhalt und Frieden zu erhalten, komme der Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürgern deshalb große Bedeutung zu. Die auf Dauer in Europa lebenden Muslime müssten einen Weg der Integration und der positiven Mitgestaltung der deutschen Gesellschaft finden, forderte der Bischof. In diesem Zusammenhang spiele neben der unverzichtbaren Spracherziehung der Religionsunterricht eine Schlüsselrolle, so Huber, der sich vehement für einen islamischen Religionsunterricht in Deutschland aussprach. Das Beispiel Österreich zeige, wie so etwas auch gut funktionieren könne.
Wie der EKD-Ratsvorsitzende weiters betonte, werde von den Religionsgemeinschaften mehr denn je erwartet, "dass sie aktiv mithelfen, Grundstrukturen zur Sicherung der Prinzipien der Zivilgesellschaft in den Ländern zu schaffen, in denen die Menschenrechte noch nicht verwirklicht sind". Hier setzten die Kirchen auf die Zusammenarbeit mit anderen Religionsgemeinschaften, insbesondere dem Islam. Dabei würden die Kirchen erwarten, "dass andere Religionen in den Ländern, in denen die Christen in der Minderheit sind, sich ebenso für die freie Religionsausübung der christlichen Kirchen und gegen staatliche Behinderungen einsetzen, wie sie in den Staaten der Europäischen Union die Religionsfreiheit in Anspruch nehmen". Für die Kirchen werde dies auch ein Prüfstein für die Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei sein, betonte der Bischof.
Die Religionsfreiheit als individuelles Menschenrecht sei durch den Islam im Ganzen bisher nicht anerkannt worden, bemängelte der Bischof. Den Grund dafür ortete er vor allem in der noch nicht vollzogenen Trennung von Religion und staatlicher Rechtsordnung. Für europäisches Bewusstsein sei seit der Aufklärung das Recht von seiner religiösen Begründung gelöst. Seine Freiheit werde dem Menschen nicht durch den Herrscher verliehen. Vielmehr werde der Mensch mit einer Freiheit geboren, die gerade nicht vom Staat abhängig ist. Dieser geistesgeschichtliche Umbruch der Aufklärung müsse Thema im Dialog mit dem Islam werden, forderte Huber.
Auch der evangelisch-lutherische Bischof von Österreich, Herwig Sturm, legte in seinen Ausführungen ein Bekenntnis zu Europa und seinen Werten ab. "Unsere Kirchen sehen die Erneuerung und Einheit Europas als wesentliche Aufgabe für ihr Handeln heute und in Zukunft: Sie wünschen sich Europa als Beispiel und Vorbild für die ökosoziale Marktwirtschaft und für den Rechtsstaat mit dem gegenwärtigen Standard der Menschenrechte." Das vielsprachige und mulitkulturelle Europa stehe für den Schutz des Individuums und seiner Rechte, für den Schutz der Schwächeren und Minderheiten jeder Art, für Religions- und Meinungsfreiheiten, betonte der Bischof.
(kathpress/rv 31.10.06 bp)








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