2006-10-27 12:40:58

Nicaragua: Totales Abtreibungsverbot


In Nicaragua stehen am 5. November Präsidentschaftswahlen an. Im Eilzugstempo, bevor neue Entscheidungsträger antreten, hat gestern das Parlament ein international kritisiertes totales Abtreibungsverbot durchgesetzt. Künftig bestraft Nicaragua jede Frau, die abtreibt, mit Gefängnis zwischen vier und acht Jahren, auch nach Vergewaltigungen oder bei Lebensgefahr für die Mutter. Der Schwangerschaftsabbruch war das zentrale Wahlthema geworden. Für viele überraschend, hat sich auch der sandinistische, also linksgerichtete Ex-Revolutionär und Präsidentschafts-Favorit Daniel Ortega für das totale Abtreibungsverbot stark gemacht. Dieser unerwartete Kuschelkurs von links an die katholische Kirche ist indes nur eine von vielen Merkwürdigkeiten und Herausforderungen an Nicaraguas zukünftige Politik, sagt der deutschstämmigen Bischof von Granada, Gerhard Hombach.

„Unser Problem ist nicht, dass die Polizei oder das Heer seine Kompetenzen überschreitet, sondern dass die Rechtsprechung in der Hand von einer Partei ist, der sandinistischen Partei, und die Spitze der Justiz ist eindeutig korrupt. In die Rechtssprechung haben die meisten Nicaraguaner kein Vertrauen mehr.“

Ex-Revolutionär Daniel Ortega, der nach 16 Jahren eine Rückkehr auf die politische Bühne Nicaraguas versucht, liegt in den Meinungsumfragen deutlich vor seinen Rivalen aus dem konservativen, neoliberalen Lager. Die Kirche spricht keine Wahlempfehlung aus, betont Bischof Hombach, doch Vorstellungen von einem guten Kandidaten hat sie sehr wohl.

„Wir bräuchten einen Kandidaten mit sozialer Vision. Aber unter den nichtsandinistischen Kandidaten spricht man eine rein neoliberale Sprache. Sie sehen allein im Wachstum die Lösung, dass dann die Misere vorbei ist. Doch haben andere Beispiele und auch Nicaragua bewiesen, dass Wirtschaftswachstum allein noch keinen sozialen Ausgleich bringt.“
(rv 27.10.06 gs)









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