In Frankreich haben sich erneut Bischöfe gegen mögliche Erleichterungen für Gottesdienste
in lateinischer Sprache gewandt. Der Pariser Erzbischof Andre Vingt-Trois sagte nach
kirchlichen Angaben, hinter dem Streit um die Liturgie stehe die Frage der kirchlichen
Einheit. Vingt-Trois räumte ein, dass seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil Messfeiern
zu Ausuferungen geführt hätten, bei denen die Gottesdienst-Teilnehmer "eher sich selbst
als Gott" gefeiert hätten. Andererseits sei bei Gegnern der Liturgiereform des Konzils
eine radikale Ablehnung des gesamten Konzils zu erkennen. Dies habe zu Beleidigungen
der Päpste und Gewalttaten geführt, etwa der widerrechtlichen Besetzung einer Kirche.
Damit spielte der Pariser Erzbischof darauf an, dass eine katholische Kirche in Paris
seit mehr als 27 Jahren von der traditionalistischen Priesterbruderschaft Pius X.
besetzt ist. Der Erzdiözese war 1977 und 1978 gerichtlich bestätigt worden, dass die
Besetzung durch die Traditionalisten illegal ist.
Der Vorsitzende der Liturgiekommission
der französischen Bischöfe, Bischof Robert Le Gall, äußerte nach Angaben der Tageszeitung
«Le Figaro» die Sorge, eine Liberalisierung der lateinischen Messfeiern könnte «zu
Misstrauen, Trauer und Entmutigung gegenüber dem Heiligen Stuhl führen». Der Präfekt
der vatikanischen Liturgie-Kongregation, Kardinal Francis Arinze, wandte sich seinerseits
gegen Missbräuche der nachkonziliaren Liturgie. Er kritisierte «offen egozentrische»
Gottesdienste und eine «falsche Demut» der katholischen Geistlichen, wenn sie ihre
Rolle mit Laien teilten. Arinze, Vingt-Trois und Le Gall sprachen bei der 50-Jahr-Feier
des französischen liturgischen Instituts.
Italienische Medien hatten berichtet,
Papst Benedikt XVI. wolle offenbar die Genehmigung für Messefeiern nach dem alten
Ritus erleichtern. Beobachter sehen darin einen Schritt zur Aussöhnung mit den ultrakonservativen
Traditionalisten des 1991 verstorbenen Erzbischofs Marcel Lefebvre, die sich von Rom
abgespalten haben. (kna 27.10.06 gs)