D: Knobloch, rechtsextreme Gewalt erinnert an Drittes Reich
Angesichts der Zunahme
rechtsextremistischer Straftaten haben der Zentralrat der Juden in Deutschland und
mehrere Verbände einen nationalen Aktionsplan gegen Rechts gefordert. Zentralratspräsidentin
Charlotte Knobloch zog in Berlin Parallelen zu der Zeit des Erstarkens des Nationalsozialismus.
Knobloch wörtlich: „Antisemitische und rechtsradikale Attacken haben eine Offensichtlichkeit
und Aggressivität erreicht, die an die Zeit nach 1933 erinnert.“ Das Bundesinnenministerium
hatte vergangene Woche Zahlen veröffentlicht. Demnach lagen Fälle von Rechtsextremismus
in den vergangenen Monaten um 20 Prozent höher als im Vorjahr. Das verwundert nicht,
sagt Holger Kuhlig von der Amadeus Antoniu-Stiftung, die Initiativen für Zivilgesellschaft
und demokratische Kultur unterstützt. "Zum einen ist es vielleicht gar kein
so starker Anstieg, sondern es wird nur immer sichtbarer, wie viel tatsächlich passiert,
was in den vergangenen Jahren zum Teil etwas unsichtbarer war. Denn was auch zunimmt,
Gott sei Dank, dass sich Menschen immer häufiger ermutigt fühlen, Anzeige zu erstatten.
Die Brutalität der Szene ist überhaupt nichts Neues. Es gucken endlich immer mehr
hin. Es gucken immer noch viel zu wenige hin, aber immer häufiger. Selbst die Polizei
kaschiert solche Meldungen nicht mehr unter Jugendrauditum, sondern ordnet, was das
vorfällt, zunehmend richtiger als politische Gewalt ein." SPD und Die Linke
fordern zur Problembekämpfung einen Demokratiegipfel. Sinnvoll, so Kuhlig: "Es
gibt einen immer größeren Demokratieverdruss. Da muss angesetzt werden, vor allem
auch unter jungen Leuten, in Schulen, wo der Wert von Demokratie einfach viel intensiver
vermittelt werden muss. Vielfach fehlt auch ein ausgeprägtes Wertebewusstsein." Die
Vorkommnisse zeigten, daß Rechtsextremismus und Antisemitismus in einigen Gesellschaftsschichten
fest verankert seien, sagte Knobloch. Wer weiterhin von bedauerlichen Einzelfällen
spreche, verharmlose eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft. Dazu der Experte: "Zumindest
in der großen Politik, bis hinauf zum Innenminister, ist eine sehr viel größere Sensibilisierung
für dieses Thema angekommen. Wo es fehlt, ist nach wie vor vor Ort, lokal, in Kleinstädten,
in kleinen Gemeinden. Die schaun lieber weg, weil sie davon ausgehen, wenn ich ein
Problem zugebe, gebe ich ein Versäumnis zu. Das ist der größte Fehler, den ein Lokalpolitiker
machen kann." (rv/faz 24.10.06 bp)