Papst Benedikt XVI.
besucht zur Stunde den italienischen "Katholikentag" in Verona. Vor den Delegierten
erinnerte er an den Wert von Ehe und Familie und drängte Italiens Christen, weiterhin
Sauerteig ihrer Gesellschaft zu sein. Die Rede des Papstes wurde etwa vierzigmal von
Beifall unterbrochen.
Benedikt XVI. bekräftigte seine Ablehnung von Abtreibung
und so genannter "Homo-Ehe" und warnte vor einer, so wörtlich, "neuen Welle der Aufklärung
und des Laizismus" in Italien. Zwar sei die Kirche hier noch eine echte Volkskirche;
aber ihre Botschaft sei durch moderne Tendenzen gefährdet. "Eine gewisse dominante
Kultur im Westen will sich als universell durchsetzen und einen neuen Lebensstil aufoktroyieren.
Daraus entsteht eine neue Welle der Aufklärung und des Laizismus, die nur das für
rationell gültig hält, was sich experimentell zeigen und kalkulieren läßt. ... So
wird Gott aus der Kultur und dem öffentlichen Leben ausgeschlossen, und an ihn zu
glauben, wird schwieriger." Die Christen dürften sich nicht auf sich selbst zurückziehen,
sondern sollten für alles offen sein, was es "in den Kulturen und Zivilisationen an
Gerechtem, Wahrem und Gutem" gibt.
Der Vierte National-Kongress der italienischen
Kirche - so heißt er offiziell - denkt in der Stadt von Romeo und Julia über das Thema
"Zeugen des Auferstandenen, Hoffnung für die Welt" nach. Unter den mehr als 15.000
Delegierten sind vor allem Vertreter von Bistümern, Orden und kirchlichen Verbänden.
Italienische Katholikentage finden in der Regel in einem Zehn-Jahres-Rhythmus statt.
Nach Darstellung italienischer Medien wird der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz,
Kardinal Camillo Ruini, nach den Tagen von Verona zurücktreten. Ruini hat anderthalb
Jahrzehnte lang an der Spitze des italienischen Episkopats gestanden. Viele Beobachter
sehen im Mailänder Kardinal Dionigi Tettamanzi einen möglichen Nachfolger Ruinis in
diesem Amt. Bei der Eröffnung des Kongresses hatte Tettamanzi gefordert, das Konzil
endlich voll umzusetzen und die Rolle der Laien in der Kirche weiter zu stärken. Das
Zweite Vatikanum müsse, so Tettamanzi wörtlich, "ins Italienische übersetzt werden".
Es sei richtiger, "Christ zu sein, auch wenn man es nicht sagt, als Christ zu scheinen,
ohne es im Herzen auch zu sein", mahnte der Kardinal. Italienische Medien lesen seine
Äußerungen als Programmrede für die Zukunft der italienischen Kirche. Die Tage
von Verona mit ihren zahlreichen Foren, Debatten, Vorträgen und Gebetsgruppen haben
auch einen ökumenischen Akzent. Vertreter der Politik spielen bei den Veranstaltungen
zwar keine Rolle, viele von ihnen wollen aber heute Nachmittag an der Papstmesse im
Fußballstadion von Verona teilnehmen. Verona ist der erste große Katholikentag Italiens
seit dem Zerfall der christdemokratischen Partei "Democrazia Cristiana". Von dem Ereignis
werden deshalb Weichenstellungen für die politische Positionierung der Christen des
Landes erwartet. (rv 19.10.06 sk)